TOP V: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Freitag, 18. Mai 2007, Vormittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen zum Antrag V-60 hinsichtlich der Entbürokratisierung der ärztlichen Weiterbildung. Möchte jemand dagegensprechen? - Bitte, Herr Lindhorst.

PD Dr. Lindhorst, Hessen: Wir haben gerade von Herrn Lipp gehört, dass die Wahrnehmung draußen sich von der Wahrnehmung hier sehr unterscheidet. Aus der Sicht der Landesärztekammern und aus der Sicht vieler Weiterbildungsbefugter ist klar: Es ist ein bisschen mehr Bürokratie entstanden, wie ich behaupte, nicht viel mehr. Die Weiterzubildenden erkennen, dass ihnen die Inhalte der Weiterbildung in großem Umfang aus vielerlei Gründen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Wenn das tatsächlich so ist und der deutsche Facharzt unter dem Strich international nichts mehr wert ist - wer die europäischen Examina kennt, weiß, dass der deutsche Facharzt einen erheblichen Nachbesserungsbedarf speziell in den operativen Fächern hat -, muss man sich fragen, ob der Ruf nach der völligen Entbürokratisierung an den richtigen Stellen erfolgt.

Ich persönlich muss sagen: Aus den Protesten der Ärzte an den Universitätskliniken und aus den Protesten der Fachgesellschaften wird klar, dass es draußen eine dramatische Entwicklung gibt. Wenn wir hier nicht mehr den Nerv haben, dem entgegenzutreten - ich sehe im Moment leider nichts anderes als Dokumentation -, dann schaffen wir uns selbst die Probleme der Zukunft. Wir sind dann nicht mehr nötig.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Lindhorst. - Dazu bitte Herr Gadomski als Antragsteller.

San.-Rat Dr. Gadomski, Vorstand der Bundesärztekammer: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die Beweggründe für diesen Antrag möchte ich auf den Antrag des Vorstands der Bundesärztekammer zur Entbürokratisierung ärztlicher Tätigkeit verweisen, der auf dem 108. Deutschen Ärztetag in Berlin einstimmig verabschiedet wurde. Darin heißt es, dass eine nachhaltige Entbürokratisierung im Gesundheitswesen nicht beim Streichen oder dem Zusammenführen des einen oder anderen Formulars stehen bleiben kann, sondern eines grundsätzlichen Umdenkens in der Datenerhebung und Datenverwaltung im Gesundheitswesen bedarf. In dem Antrag wird darauf eingegangen, was notwendig ist, was allerdings notwendig, aber zu aufwendig ist, was zu kompliziert ist, was überflüssig ist, was doppelt ist, was es bereits gibt.

Der Deutsche Ärztetag hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Forderungen auch für die ärztlichen Körperschaften gelten sollten. Unter dem Eindruck dieser Beschlusslage bitte ich Sie, meinem Antrag auf Entbürokratisierung der ärztlichen Weiterbildung zuzustimmen.

Der 106. Deutsche Ärztetag hat mit der Verabschiedung der geltenden (Muster-)Weiterbildungsordnung sehr zur Verschlankung der Weiterbildung beigetragen, aber gleichzeitig durch die Einführung zusätzlicher Regelungen neue bürokratische Hemmnisse geschaffen, so beispielsweise die Regelungen der §§ 5 und 8 der (Muster-)Weiterbildungsordnung. Hier ist vor allem das sogenannte Weiterbildungsprogramm zu nennen. Hier soll, verteilt über die Mindestweiterbildungszeit, ein Programm erstellt werden, aus dem die Assistenten erkennen können, welche Inhalte zu welchem Zeitpunkt an dieser Weiterbildungsstätte vermittelt oder erworben werden können.

Der Denkansatz war nicht schlecht, dem Assistenten so was wie einen Stundenplan an die Hand zu geben, der ihn in die Lage versetzen soll, die Vermittlung von Weiterbildungsinhalten gegebenenfalls einzufordern. Aber gerade das ist ja das Tückische: Vieles von dem, was - einzeln betrachtet - durchaus sinnvoll erscheint, trägt in seiner Summe zur Bürokratisierung bei und nimmt uns letztendlich in Klinik und Praxis die Luft zum Atmen.

Über das Zulassungsverfahren der Krankenhausabteilung oder der Praxis als Weiterbildungsstätte besitzen wir eh detaillierte Kenntnisse über personelle, räumliche und apparative Ausstattung der jeweiligen Einrichtung. Dem Antrag auf Erstellung einer persönlichen Weiterbildungsbefugnis des Leitenden Arztes oder des Praxisinhabers ist ein Leistungsspektrum beigefügt, welches Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten aufgrund des Patientenguts ermittelt. Anhand dieser Angaben wird der zeitliche Umfang der Weiterbildungsbefugnis bemessen.

Der zusätzliche Aufwand, diese Inhalte auch noch in einen zeitlichen Rahmen einzufügen und ein Weiterbildungsprogramm zu erstellen, stellt eine Doppelerfassung von Weiterbildungsinhalten dar, der sich in der täglichen Praxis als zusätzlicher bürokratischer Aufwand darstellt, dessen Nutzen sehr zweifelhaft ist.

Aus diesen Gründen bitte ich Sie: Stimmen Sie meinem Antrag zu, und beauftragen Sie die Weiterbildungsgremien, die (Muster-)Weiterbildungsordnung nach solchen bürokratischen Hemmnissen zu durchforsten und geeignete Vorschläge zur Verbesserung vorzulegen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke sehr. - Wir stimmen jetzt über den Antrag 60 ab. Wer stimmt zu? - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Wer enthält sich? - Der Antrag ist angenommen.

© Bundesärztekammer 2007