Dr. Joas, Bayern:
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zu einem Entschließungsantrag,
der leider noch nicht umgedruckt vorliegt. Es geht dabei um Seite 4 des "Ulmer
Papiers". Auf Seite 4, Zeile 15 finde ich unsere ärztliche Tätigkeit unendlich
eingeschränkt auf Diagnostik und Therapie. Der Gedanke, dass wir uns auch mit
dem sozialen Umfeld und der prophylaktischen Medizin beschäftigen müssen, ist
dort überhaupt nicht erwähnt. Diese Einschränkung sollten wir uns sicherlich
nicht freiwillig auferlegen.
Deshalb bitte ich darum, folgende Ergänzung vorzunehmen:
Der Erfolg ärztlicher Bemühungen hängt ganz entscheidend
davon ab, dass das ärztliche Handeln am sozialen Umfeld und an der
Individualität der gesunden und erkrankten Menschen ausgerichtet ist. Dies
betrifft sowohl die Auswahl der prophylaktischen Maßnahmen, der Diagnostik als
auch der Therapie.
Die Begründung, die ich anführen möchte, ist 4 000 Jahre
alt. Wir in München haben ein Poster erstellt, an dem wir uns nach wie vor
orientieren können, auch wenn der letzte Punkt ziemlich schmerzhaft ist. Das
chinesische Sprichwort lautet: Überragende Ärzte verhindern Krankheiten,
mittelmäßige Ärzte heilen noch nicht ausgebrochene Krankheiten, unbedeutende
Ärzte behandeln bestehende Erkrankungen.
Dieses Poster war für mich ausschlaggebend, in die
Gesundheitspolitik einzusteigen. Ich meine, wir sollten möglichst viel dafür
tun, dass wir nicht beim dritten Punkt hängen bleiben. Unsere politische Arbeit
sollte darin bestehen, etwas entscheidendes Prophylaktisches zu tun. So verstehe
ich mich und meine Arbeit. Ich bitte Sie um Unterstützung unseres Antrags.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Joas. Vielleicht können Sie unserem Stenografen, Herrn Rüdiger
Weber, den ich hier herzlich begrüße, der heute Morgen ja schon bei der
Eröffnungsveranstaltung dabei war,
(Beifall)
eine Kopie zur Verfügung stellen. Dann kann er das dem
Wortbericht beifügen. Jeder, der Chinesisch beherrscht, kann es dann zu Hause
nachlesen und im Zweifel auswendig lernen. Ansonsten ist der Vorschlag sehr
gut. Vielen Dank.
Der nächste Redner ist Rudolf Henke. |