Dr. Dehnst, Westfalen-Lippe:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte über Wettbewerb und
Qualität zu Ihnen sprechen. Der Konflikt zwischen Politik und Ärzteschaft
hinsichtlich Wettbewerb und Qualität ist wahrscheinlich so alt, wie es beides
zusammen gibt. Die älteste schriftliche Überlieferung reicht 3 700 Jahre
zurück. Hammurabi, der Stadtfürst in Babylon, hat dort in Stein meißeln lassen,
wie unerwünschte Behandlungsergebnisse nach dem Motto "Auge um Auge, Zahn um
Zahn" zu sanktionieren sind. Es hat sich seitdem nicht so ganz viel geändert.
Dennoch hat sich durch solche Einmischungen und auch aus
innerärztlichem Antrieb heraus ein Qualitätsmanagement entwickelt, welches von
Hippokrates bis zu den modernen Konzepten der Qualitätssicherung mit
Qualitätsmanagement und Maßnahmen zur Patientensicherheit reicht. Vor diesem
Hintergrund ist mir in diesem "Ulmer Papier" die Darstellung der
Qualitätssicherung unter dem Titel "Qualitätswettbewerb fordern" insgesamt zu
wenig als genuine Aufgabe der Ärztekammern dargestellt und zu wenig prägnant
herausgearbeitet. Im Gegenteil, unter dem Titel "Budgetmedizin" taucht
Folgendes auf:
Sie
- gemeint sind das Qualitätsmanagement und die Nationalen
Versorgungsleitlinien -
reichen jedoch sicher nicht aus, um die Mittelknappheit
zu überwinden.
Ist dies nicht die Übernahme der Denkweise aus der Politik,
bei der das Qualitätsmanagement als Instrument zur Kompensation eines Mangels
degradiert wird?
(Beifall)
Zum Wettbewerb möchte ich Folgendes sagen. Dieser hat für mich
drei Dimensionen. Wettbewerb ist der Ärzteschaft seit eh und je vertraut, und
zwar der Wettbewerb in der Entwicklung von medizinischen Methoden und deren
Implementierung. Diesen Wettbewerb müssen wir fordern. Dieser Wettbewerb kostet
Geld und Ressourcen.
Es gibt eine zweite Dimension des Wettbewerbsgedankens, und
zwar den Wettbewerb der guten Qualität. Auch dieser kostet primär zunächst
einmal Geld, bevor er möglicherweise zu Einsparungen führt.
Die Politik degradiert den Wettbewerbsgedanken einzig in die
ökonomische Richtung. Deshalb, meine ich, müssen wir diesen Begriff des
Wettbewerbs deutlicher und prägnanter herausarbeiten.
Was möchte ich Ihnen insgesamt sagen? Wir sind hier 250
Delegierte im Wettbewerb, ihre eigenen Vorstellungen zur Gesundheitspolitik zu
manifestieren. Es droht insgesamt ein Flickenteppich mit 250 Autoren. Ich
möchte an die Delegierten appellieren: Folgen Sie den Anträgen 30 und 33 aus
Westfalen-Lippe, und implementieren Sie die Methode der Szenariotechnik, mit
deren Hilfe isolierte Vorstellungen über positive und negative Veränderungen
einzelner Entwicklungsfaktoren in der Zukunft zu umfassenden Bildern und
Methoden zusammengefasst und kommunizierbar werden.
An den Vorstand möchte ich appellieren: Greifen Sie die
Anregungen auf, betrachten Sie das "Ulmer Papier" als Beginn einer Entwicklung,
dampfen Sie es zusammen, und entlassen Sie nicht die Politik aus ihrer
Verantwortung für die Finanzierung.
Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Dehnst. - Der nächste Redner kommt ebenfalls aus Westfalen-Lippe; es
ist deren Vizepräsident, Herr Kollege Reinhardt. |