Dr. Jaeger, Schleswig-Holstein: Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal ganz herzlich
bei Herrn Professor Schulze und Herrn Windhorst für ihre Referate bedanken.
Diese Referate waren wirklich Balsam auf unsere Seelen.
(Beifall)
Dementsprechend haben wir den Antrag gestellt, die zehn Thesen
von Herrn Professor Schulze in irgendeiner Weise in das "Ulmer Papier" mit
aufzunehmen und zu bearbeiten. Bezüglich der Erledigung ärztlicher Aufgaben
durch Nichtärzte haben Sie die Situation im Prinzip sehr gut zusammengefasst.
Ich möchte in diesem Zusammenhang drei Punkte ansprechen: die
Patientensicherheit, die Kostensenkung bzw. Wirtschaftlichkeit und das
ärztliche Berufsbild. Über die Patientensicherheit haben Sie ausführlich
referiert. Ich möchte eine kurze Sequenz aus einem Editorial von Herrn
Rüggeberg, dem Vizepräsidenten des BDC, zitieren. Unter der Überschrift "Lasst
Stewardessen fliegen" heißt es:
Wäre es nicht einfacher, bei einem Routineflug im Cockpit
nur Stewardessen zu haben? Dann fragen Sie doch mal die Passagiere, die in
Hamburg unlängst dank der hervorragenden Reaktion der Piloten einer Katastrophe
entgangen sind. Die Piloten sind nämlich deshalb so teuer, weil sie auf das
Undenkbare vorbereitet sind, trainiert sind, auch wenn sie an Routine arbeiten.
Auf den ärztlichen Beruf übertragen, heißt das eben: Operieren ist mehr als
Bauchaufschneiden und Zunähen, Endoskopieren ist mehr als einen Schlauch in
irgendeine Körperöffnung stecken, und hausärztliches Handeln ist mehr als Abhorchen
und Pillen aufschreiben.
Genau diese Tendenzen versucht man hineinzubringen, indem man
versucht, die ärztliche Heilkunst in Teilschritte aufzusplitten. Das darf nicht
sein.
Zum Aspekt der Kostensenkung, den meine Kollegin de Mattia
schon vorgetragen hat: Erstens werden diese Leute letztendlich nicht billiger
sein. Zweitens glauben Sie doch wohl nicht, dass, wenn die Kostenträger
mitbekommen, dass große Teile eines ärztlichen Eingriffs von Nichtärzten
gemacht werden können, nicht ganz schnell die Vergütung dafür gesenkt wird. Das
ist ein Schildbürgerstreich, den man sich selber zufügt.
(Beifall)
Unser Antrag 17 bezieht sich auf die Integrität des ärztlichen
Berufsbildes. Ich meine, dieser Punkt ist in seiner Tragweite noch gar nicht
beachtet worden. Es gab gute Gründe, warum beispielsweise die Chirurgie vom
Stadium des Feldschertums, der Knochenbrecher und der Wundheiler in eine
ärztliche Disziplin angehoben wurde. Genauso war es doch mit der Anästhesie.
Das hat ja irgendwann einmal eine Narkoseschwester oder ein Pfleger gemacht,
und dann wurde es - ich denke: zu Recht - als ärztliche Disziplin etabliert.
Diese Fächer haben dadurch sehr gut prosperiert. Aber nun soll eine Rolle
rückwärts erfolgen.
Welche Auswirkungen hat das für die Integrität unseres
ärztlichen Berufsbildes? Es ist leider traurige Wirklichkeit - auch in meiner
Klinik -, dass Fachangestellte sonografieren, bei Operationen mitmachen, damit
der Stationsarzt weiterhin ungestört seine Verwaltungstätigkeiten durchführen
kann.
(Vereinzelt Beifall)
Hier muss ich Sie, Herr Professor Schulze, leider berichtigen:
Es geht leider über 30 Prozent hinaus. Die Schätzungen gehen bis zu 40 Prozent
Verwaltungskram. Da ist es völlig verständlich, dass junge Ärzte sagen: Wenn
ich schon 40 Prozent Verwaltungstätigkeit mache, dann gehe ich doch gleich in
einen Verwaltungsjob, da habe ich bessere Arbeitszeiten und wahrscheinlich auch
ein besseres Gehalt.
(Beifall)
Was geschieht, wenn wir tatsächlich Teile unseres ärztlichen
Handelns abgeben? Das bedeutet, dass der OTA oder der MTA in seinem Bereich
sehr routiniert ist. Man spricht von einfachen Eingriffen. Aber es ist doch
klar: Wenn er routiniert ist, ist er besser als der Assistenzarzt und wird
natürlich zunehmend auch schwierigere Eingriffe durchführen. Wie soll der angehende
Facharzt sein Handwerk lernen oder wie soll er schwierige Schritte beherrschen
können, wenn er die einfachen gar nicht lernt?
(Beifall)
Auch für die "alten Hasen" ist es wichtig, dass sie immer
wieder Routineschritte, Standardschritte machen.
Ich denke, die Tragweite sollte noch einmal deutlich
hervorgehoben werden, dass wir damit im Prinzip unser Berufsbild ruinieren
würden - ich möchte fast sagen: Das ist das, was der Arzt am liebsten tut.
Deshalb lautet mein Plädoyer: weg von den Schreibtischen und wieder heran an
die Patienten.
Danke schön.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön,
Herr Jaeger. - Jetzt gibt es einen Geschäftsordnungsantrag. Bitte schön. |