TOP III: Arztbild der Zukunft und Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen

Freitag, 23. Mai 2008, Vormittagssitzung

Dr. Jaeger, Schleswig-Holstein: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal ganz herzlich bei Herrn Professor Schulze und Herrn Windhorst für ihre Referate bedanken. Diese Referate waren wirklich Balsam auf unsere Seelen.

(Beifall)

Dementsprechend haben wir den Antrag gestellt, die zehn Thesen von Herrn Professor Schulze in irgendeiner Weise in das "Ulmer Papier" mit aufzunehmen und zu bearbeiten. Bezüglich der Erledigung ärztlicher Aufgaben durch Nichtärzte haben Sie die Situation im Prinzip sehr gut zusammengefasst. Ich möchte in diesem Zusammenhang drei Punkte ansprechen: die Patientensicherheit, die Kostensenkung bzw. Wirtschaftlichkeit und das ärztliche Berufsbild. Über die Patientensicherheit haben Sie ausführlich referiert. Ich möchte eine kurze Sequenz aus einem Editorial von Herrn Rüggeberg, dem Vizepräsidenten des BDC, zitieren. Unter der Überschrift "Lasst Stewardessen fliegen" heißt es:

Wäre es nicht einfacher, bei einem Routineflug im Cockpit nur Stewardessen zu haben? Dann fragen Sie doch mal die Passagiere, die in Hamburg unlängst dank der hervorragenden Reaktion der Piloten einer Katastrophe entgangen sind. Die Piloten sind nämlich deshalb so teuer, weil sie auf das Undenkbare vorbereitet sind, trainiert sind, auch wenn sie an Routine arbeiten. Auf den ärztlichen Beruf übertragen, heißt das eben: Operieren ist mehr als Bauchaufschneiden und Zunähen, Endoskopieren ist mehr als einen Schlauch in irgendeine Körperöffnung stecken, und hausärztliches Handeln ist mehr als Abhorchen und Pillen aufschreiben.

Genau diese Tendenzen versucht man hineinzubringen, indem man versucht, die ärztliche Heilkunst in Teilschritte aufzusplitten. Das darf nicht sein.

Zum Aspekt der Kostensenkung, den meine Kollegin de Mattia schon vorgetragen hat: Erstens werden diese Leute letztendlich nicht billiger sein. Zweitens glauben Sie doch wohl nicht, dass, wenn die Kostenträger mitbekommen, dass große Teile eines ärztlichen Eingriffs von Nichtärzten gemacht werden können, nicht ganz schnell die Vergütung dafür gesenkt wird. Das ist ein Schildbürgerstreich, den man sich selber zufügt.

(Beifall)

Unser Antrag 17 bezieht sich auf die Integrität des ärztlichen Berufsbildes. Ich meine, dieser Punkt ist in seiner Tragweite noch gar nicht beachtet worden. Es gab gute Gründe, warum beispielsweise die Chirurgie vom Stadium des Feldschertums, der Knochenbrecher und der Wundheiler in eine ärztliche Disziplin angehoben wurde. Genauso war es doch mit der Anästhesie. Das hat ja irgendwann einmal eine Narkoseschwester oder ein Pfleger gemacht, und dann wurde es - ich denke: zu Recht - als ärztliche Disziplin etabliert. Diese Fächer haben dadurch sehr gut prosperiert. Aber nun soll eine Rolle rückwärts erfolgen.

Welche Auswirkungen hat das für die Integrität unseres ärztlichen Berufsbildes? Es ist leider traurige Wirklichkeit - auch in meiner Klinik -, dass Fachangestellte sonografieren, bei Operationen mitmachen, damit der Stationsarzt weiterhin ungestört seine Verwaltungstätigkeiten durchführen kann.

(Vereinzelt Beifall)

Hier muss ich Sie, Herr Professor Schulze, leider berichtigen: Es geht leider über 30 Prozent hinaus. Die Schätzungen gehen bis zu 40 Prozent Verwaltungskram. Da ist es völlig verständlich, dass junge Ärzte sagen: Wenn ich schon 40 Prozent Verwaltungstätigkeit mache, dann gehe ich doch gleich in einen Verwaltungsjob, da habe ich bessere Arbeitszeiten und wahrscheinlich auch ein besseres Gehalt.

(Beifall)

Was geschieht, wenn wir tatsächlich Teile unseres ärztlichen Handelns abgeben? Das bedeutet, dass der OTA oder der MTA in seinem Bereich sehr routiniert ist. Man spricht von einfachen Eingriffen. Aber es ist doch klar: Wenn er routiniert ist, ist er besser als der Assistenzarzt und wird natürlich zunehmend auch schwierigere Eingriffe durchführen. Wie soll der angehende Facharzt sein Handwerk lernen oder wie soll er schwierige Schritte beherrschen können, wenn er die einfachen gar nicht lernt?

(Beifall)

Auch für die "alten Hasen" ist es wichtig, dass sie immer wieder Routineschritte, Standardschritte machen.

Ich denke, die Tragweite sollte noch einmal deutlich hervorgehoben werden, dass wir damit im Prinzip unser Berufsbild ruinieren würden - ich möchte fast sagen: Das ist das, was der Arzt am liebsten tut. Deshalb lautet mein Plädoyer: weg von den Schreibtischen und wieder heran an die Patienten.

Danke schön.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön, Herr Jaeger. - Jetzt gibt es einen Geschäftsordnungsantrag. Bitte schön.

© Bundesärztekammer 2008