Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Herr Präsident!
Verehrte Referenten! Meine Damen und Herren! Bezugnehmend auf die beiden
hervorragenden Vorträge, die wir gestern und heute gehört haben, möchte ich
Folgendes sagen. Dieser Staat, Politik und Bevölkerung müssen doch froh sein,
dass es in der heutigen Situation eine Berufsgruppe gibt, die erklärt: Wir
übernehmen die Gesamtverantwortung für den diagnostisch-therapeutischen Prozess
unserer Patientinnen und Patienten. Wir sagen: Aufgrund unserer beruflichen
Autonomie und unserer erlernten Fähigkeiten übernehmen wir das Inhaltliche und
Juristische an Verantwortung für die Gesundheit und die Krankheit unserer
Patienten. Das ist doch eine ganz hochrangige Aussage. Wir sollten uns damit
auch in der Öffentlichkeit zeigen.
Die Diskussion auf die Punkte "Kooperation - ja, Substitution
- nein, Delegation - ja" zu beschränken, das ist mir ein bisschen zu wenig und
zu platt, denn als Vorsitzende der Fachberufegremien der Bundesärztekammer
befinde ich mich in einem ständigen Dialog mit den anderen medizinischen
Berufen. Sie fordern von uns ein gerüttelt Maß an Diskussion und
Auseinandersetzungen über ihre Forderungen.
Als ich als Antwort auf das, was im Gutachten des
Sachverständigenrats stand, gesagt habe, wir brauchen neue Modelle zur
Einbeziehung der qualifizierten MFA in unsere Versorgungskonzepte der Zukunft,
habe ich zunächst einmal ganz viel Gegenwind bekommen. Das war zuerst nicht
beliebt, aber heute ist es Allgemeingut. Wir haben es mit den Curricula
umgesetzt.
Wir müssen in dieser Diskussion gegenüber den nichtärztlichen
Gesundheitsberufen offen sein. Wir müssen Modellversuche - nicht nach § 63 c
Pflegegesetz, sondern eigene Modellversuche - zur stärkeren Einbeziehung der
anderen medizinischen Fachberufe in Versorgungskonzepte durchführen. Wir dürfen
in der Diskussion die Tür nicht zuschlagen.
Ich möchte, dass von diesem Ärztetag die Botschaft ausgeht:
Wir sind offen für das Gespräch mit den anderen medizinischen Berufsgruppen.
Wir gehen gemeinsam neue Wege für die Versorgung der Zukunft.
(Beifall)
Diese Debatte hat drei Ebenen. Da ist zunächst einmal die
ökonomische Ebene. Wir sagen ganz entschieden Nein, wenn durch Substitution
Einsparpotenziale erreicht werden sollen. Das ist heute schon mehrfach
ausgeführt worden.
Ferner gibt es die emotionale Ebene. Wir müssen sehr
ausdrücklich sagen - das ist es, was die anderen Berufsgruppen immer wieder von
uns hören wollen -: Wir wertschätzen die Erfahrungen und die Fähigkeiten der
nichtärztlichen Gesundheitsberufe, und wir arbeiten gern auf Augenhöhe mit
ihnen zusammen.
Dann gibt es noch die Sachebene. Was spricht dagegen, dass
Pflegekräfte Pflegehilfsmittel wie Windeln verordnen? Was könnte gegen
Modellversuche sprechen, die zum Inhalt haben: Ein Physiotherapeut oder
Ergotherapeut bekommt von uns eine Überweisung, untersucht den Patienten und
entscheidet dann zusammen mit uns, ob das von ihm vorgeschlagene Heilmittel das
richtige ist? Wir müssten da also enger kooperieren.
Ich möchte die Diskussion fortführen, Modellversuche zur
verbesserten Kooperation fahren, interdisziplinäre Leitlinien und
Kooperationsverträge erarbeiten, die diese Zusammenarbeit festlegen. Nur mit
solchen Leitlinien wird es gehen. Ich möchte ferner die moderne Arbeitsteilung
fortschreiben.
Kurz noch ein paar Worte zum Antrag 16. Dort geht es um die
Psychologischen Psychotherapeuten. Der Vorstand unterstützt ausdrücklich den
Antrag 16, dass wir überall darauf achten, dass Psychologische
Psychotherapeuten als solche benannt werden und dass wir das in den
Heilberufekammergesetzen entsprechend ändern. Ich bitte Sie, diesen Antrag mit
einer Änderung, die noch vorgeschlagen wird, anzunehmen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Frau Goesmann. - Die nächste Rednerin ist die Präsidentin der Ärztekammer
Niedersachsen, Frau Kollegin Wenker. |