Dr. Voigt, Niedersachsen: Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Antrag III-15. Ich weiß, dass wir mit
diesem Antrag ein heißes Eisen anpacken. Es geht in diesem Antrag um die
teilweise Übertragung von Heilkunde an nichtärztliche Gesundheitsberufe. Der
Antrag resultiert aus der Arbeit unseres Arbeitskreises "Nichtärztliche
Heilberufe", den wir vom Vorstand der Ärztekammer Niedersachsen aus
eingerichtet haben. Wir haben uns in mehreren Thesen zur Thematik positioniert.
Ich möchte eine These zitieren:
Die Festlegung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten
der einzelnen Gesundheitsberufe werden durch die jeweiligen Ausbildungsinhalte,
Berufsbeschreibungen und/oder ein noch zu schaffendes Berufsgesetz definiert,
das das Heilpraktikergesetz von 1939 ersetzt, welches keine zeitgemäße
Definition der Heilkunde mehr beinhaltet. Schnittstellenbeschreibungen und
Zuschreibungen bzw. Abgrenzung von Verantwortlichkeit im therapeutischen Team
werden gemeinsam von den betreffenden Berufsgruppen in interdisziplinären Versorgungsleitlinien
festgelegt. Auf der Mikroebene erfolgt eine Festschreibung der
Aufgabenverteilung zum Beispiel durch Kooperationsverträge.
Grundsätzlich geht es uns natürlich um den Arztvorbehalt. Es
gibt ärztliche Leistungen, die grundsätzlich nicht delegierbar sind, wie
Operationen oder invasive Untersuchungen. Es gibt Leistungen, die im Einzelfall
delegierbar sind. Es gibt schließlich grundsätzlich regelmäßig delegierbare
Leistungen.
Es geht uns grundsätzlich um den Erhalt des Arztes mit seiner
zentralen Verantwortung für Diagnostik und Therapie. Es geht uns aber auch um
eine Neudefinition der Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen. Dies setzt nach
unserer Überzeugung voraus, dass es eine Neudefinition des Heilkundebegriffs geben
muss. Ich möchte daran erinnern: Das Heilpraktikergesetz stammt aus dem Jahre
1939, also noch aus Zeiten des Nationalsozialismus.
Es geht darum, im Rahmen einer gesetzlichen Neuregelung zu
definieren, in welchem Umfang nichtärztliche Gesundheitsberufe beteiligt werden
können und wie sie dabei Verantwortung sowohl im Sinne einer Haftungs- als auch
einer Budgetverantwortung übernehmen.
Ich möchte dies noch ganz kurz an einem Beispiel aus meiner
Praxis erläutern. Ich bin niedergelassener Kinder- und Jugendarzt. Tagtäglich
muss ich abklären, in welchem Umfang Kinder dabei Therapie erhalten. Ich
delegiere eine solche Therapie an Logopäden oder Ergotherapeuten. Bisher sind
sie zwar in den aktiven Behandlungsprozess einbezogen, aber ohne dort selbst
Haftung oder auch Budgetverantwortung zu übernehmen. Dieses tragen wir als
Ärzte ganz allein. Dies ist nicht mehr zeitgemäß und muss verändert werden.
Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, den Antrag zu
unterstützen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Voigt. - Als nächster Redner bitte Herr Kollege Scholz aus Hessen. |