TOP IV: Auswirkungen der Telematik und elektronischen Kommunikation auf das Patient-Arzt-Verhältnis

Donnerstag, 22. Mai 2008, Vormittagssitzung

Stagge, Nordrhein: Herr Montgomery! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eCard und Telematik sind nur vordergründig ein gesundheitspolitisches Thema. Die Entscheidung zur Datenspeicherung in der Telekommunikation, die persönliche Kennziffer und die Sammlung medizinischer Daten muss man im Zusammenhang sehen, um die Dimension zu begreifen. Der Glaube an einen guten starken Staat herrscht hier vor oder "Big Brother is watching you". Schäuble wäre mir als Zuschauer sogar noch recht, aber sowohl Bisky als auch Schönhuber lieber nicht.

Die Probleme der Datensicherheit der Patientendaten sind mit einem zentralen Server oder mehreren zentralen Servern bei gutem Willen lösbar. Das Verlassen darauf, dass alle Teilnehmer gutwillig seien, ist nicht immer eine tragfähige Lösung; sonst brauchten wir weder Gefängnisse noch Polizei noch Bundeswehr. Wir brauchten keine Prüfungsausschüsse, keine Datenschutzbeauftragten.

Es muss als Tatsache angesehen werden, dass Möglichkeiten zum kriminellen Handeln genutzt werden, wenn sie sich eröffnen. Wir Ärzte haben eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber, die weit über die Verpflichtung zum Kostensparen im Gesundheitssystem hinausgeht. Wir müssen die Gesellschaft für die Probleme sensibilisieren, die sich aus der Datensammelwut ergeben können. Gerade wir Deutschen mit unserer Neigung zum Perfektionismus sind hier besonders gefragt. Ein flächendeckend ausgebautes System mit zentraler Datenspeicherung hätte in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts katastrophale Folgen gehabt.

(Beifall)

Natürlich hoffe auch ich, dass sich diese Geschichte nicht wiederholt. Aber dass weiterhin Menschen zu menschenverachtenden Handlungen bereit sind, zeigt der 11. September 2001, zeigen Guantanamo, zeigen Srebrenica oder der Schießbefehl in Deutschland bis 1989.

Jetzt zurück zur eCard. Für mich steht außer Zweifel, dass eine elektronische Gesundheitsakte die Zusammenarbeit von Ärzten und Krankenhäusern verbessern kann. Aber nur ein dezentrales System kann den Patienten vor Schäden bewahren, wie sie gerade angedeutet wurden. Es gibt Bestrebungen für eine elektronische Gesundheitskarte auf einem USB-Stick. Das wird auch von der Gesundheitswirtschaft witzigerweise so gesehen, sodass sie sich entschlossen hat, dafür einen Innovationspreis zu vergeben. Es sind interessante Leute dabei, auch Ärzte.

Was passiert mit der eCard in der Praxis?

Vizepräsident Dr. Montgomery: Herr Stagge, die Zeit ist um.

Stagge, Nordrhein: Stimmen Sie gleich richtig ab. Ich habe das Gefühl, Sie wissen, was Sie tun.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Ich danke Ihnen für die Wortmeldung, Herr Kollege Stagge. - Die Nächste auf der Rednerliste ist Frau Kollegin Ute Taube aus Sachsen. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

© Bundesärztekammer 2008