TOP IV: Auswirkungen der Telematik und elektronischen Kommunikation auf das Patient-Arzt-Verhältnis

Donnerstag, 22. Mai 2008, Vormittagssitzung

Taube, Sachsen: Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vor Ihnen steht eine Testärztin, und zwar aus dem Landkreis Löbau-Zittau im Freistaat Sachsen. Ich möchte Ihnen im Folgenden einen, wie ich hoffe, zeitlich angemessenen kurzen Sachstandsbericht aus unserer Testregion geben, um anschließend ein bisschen unsere eigenen Erfahrungen und unsere Sichtweise zu vermitteln.

Die Testphase "MKT+"-Szenario ist bei uns abgeschlossen. Wir befinden uns derzeit in der Testphase Release 1, das heißt, Schreiben vom elektronischen Rezept und Notfalldatensatz auf die eGK im Offlinebetrieb. Zum 12. Mai 2008 waren 440 Rezepte geschrieben, 369 davon dispensiert, und 40 Notfalldatensätze auf die Karten geschrieben.

Für unser Projektbüro in Zittau besteht derzeit ein enorm hoher Betreuungsaufwand für die 25 Testpraxen im Landkreis. Das wäre in einem Gesamt-Rollout derzeit nicht leistbar. Die Vereinfachung der Prozesse ist dringend erforderlich. Zum Beispiel ist die Patienteneinwilligung zum Aufschreiben des Notfalldatensatzes mittels PIN auf die eGK dringend zu vereinfachen. Die Einlesezeit für eine eGK beträgt in meiner Praxis circa zehn bis zwölf Sekunden. Das ist zu lang.

Die Kommunikation zwischen Ärzten und Projektbüro ist ungeheuer wichtig. Wir Ärzte und unser Praxispersonal haben einen hohen Kommunikationsaufwand hinsichtlich der Patienten. Es ist richtig - dieses Problem wurde hier schon angesprochen -: Ältere Patienten haben mit der PIN-Verwendung Probleme, sie sind damit schlichtweg überfordert. Sie sind auch - wie alle Testpatienten - durch ihre Krankenkasse unzureichend informiert. Es ist bei fast jedem Patienten mit einer eGK notwendig, das detaillierte Erläutern des Prozedere in der Praxis noch einmal vorzunehmen.

Ja, es gibt auch einige Softwareprobleme, beispielsweise wegen der Heterogenität der Praxisverwaltungssysteme. Es ist derzeit nur möglich, ein einziges Medikament pro eRezept zu verordnen und dieses quasi einzeln zu signieren. Das ist im Praxisalltag einer allgemeinmedizinischen Praxis auf dem Lande schwer leistbar. Die Komfortsignatur ist deshalb unverzichtbar. Dies als Beispiel.

Wir fordern nicht nur die technische, sondern auch die ärztliche Evaluation der Probleme und Prozesse bezüglich des medizinischen Nutzens dieser Anwendung.

(Beifall)

Unser Fazit ist trotz alledem: Wir brauchen als Erstes eine konstruktive Herangehensweise. Wir sollten und müssen im Sinne unserer Patienten und auch im Sinne unserer eigenen Arbeitsprozesse und der Effektivierung unserer Arbeitsprozesse, die wir ja eigentlich mit der EDV-Technik erreichen wollen - -

Vizepräsident Dr. Montgomery: Frau Kollegin Taube, die Zeit!

Taube, Sachsen: Gestatten Sie mir noch einen Satz.

Vizepräsident Dr. Montgomery: Einen letzten Satz.

Taube, Sachsen: Die Ärzteschaft sollte und muss sich hier konstruktiv einbringen. Eine Blockadehaltung bringt uns nicht weiter.

(Zuruf: Doch!)

Warum sollten wir Ärzte unsere Chance nicht nutzen, hier unsere Positionen zu vertreten und mit in dieses Projekt einzubringen, auch wenn es noch eine ganze Weile dauert?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Frau Kollegin Taube. - Der Nächste auf der Rednerliste ist Herr Kollege Sauermann aus Sachsen.

© Bundesärztekammer 2008