Prof. Dr. Henneberg, Hessen:
Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache mir sehr
große Sorgen; deswegen stehe ich hier. Herr Kollege Bartmann hat uns so schön
erzählt, dass sich die Kassen nicht an den Datenschutz gebunden fühlen. Das
möchte ich aus den hessischen Erfahrungen heraus bestätigen. Ich bin
niedergelassene Neuropsychiaterin und bekam ein Schreiben von der AOK, das auch
an die Kassenärztliche Vereinigung Hessen ging, ich möge doch bitte für fünf
ausgewählte Patienten überprüfen, ob das Medikament Cipralex nicht durch
Citalopram ersetzt werden könnte. In dem Moment, in dem ich das getan hätte,
sollte ich mit Handzeichen abhaken. Für jeden solchen Patienten würde mir die
AOK 20 Euro überweisen.
Das ist etwas, was wir ganz bestimmt nicht brauchen können.
Wir brauchen Datenschutz. Ich habe meine Patienten befragt - es sind
überwiegend Parkinson-Patienten -: Würden Sie Ihre Daten hergeben? Sie haben
mir geantwortet: Die sind doch eh bekannt, da haben wir nichts zu verlieren.
Das stimmt, da sind wirklich viele Daten bekannt. Aber ich denke, die Daten
unserer Kinder, die von vornherein von irgendeiner Institution aufgenommen
werden können, wollen wir lieber nicht hergeben.
(Beifall)
Ganz ehrlich: Trauen Sie den Versicherungsmathematikern der
Allianz oder anderer großer Versicherungen weniger Köpfchen zu als dem Chaos
Computer Club? Das würde sie beleidigen.
(Beifall)
Einige von uns haben noch erlebt, was es heißt, wenn
totalitäre Institutionen auf Daten zurückgreifen können. Ich denke, von daher
müssen wir alles dafür tun, dass wir nicht Datensätze von A bis Z
zentralisieren.
(Beifall)
Ich denke, dass wir das Arzt-Patienten-Verhältnis weiterhin
eins zu eins abbilden wollen. Die Technik, die uns hier aufgezeigt worden ist -
ich habe die Papiere alle gelesen, das möchte ich ausdrücklich betonen -,
garantiert das in keiner Weise. Auch noch so ausgeklügelte kryptografische
Verfahren sind irgendwo abgespeichert, auch in den Köpfen von Menschen.
Menschen könnten doch irgendwann durchlässig werden.
Der USB-Stick mag das vielleicht leisten, wenn er ganz gut
ausgeklügelt wird und wenn nur die vom Arzt und vom Patienten autorisierten
Daten - für die Kinder müssen die Eltern die Autorisierung vornehmen -
eingegeben werden können. Das haben wir in keiner Weise vorgestellt bekommen.
Deshalb bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Antrag IV-3 positiv
zu bescheiden. Lehnen wir die elektronische Gesundheitskarte ab!
Danke schön.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Frau
Professor Henneberg. - Der nächste Redner ist Herr Dr. Brunngraber. |