TOP IV: Auswirkungen der Telematik und elektronischen Kommunikation auf das Patient-Arzt-Verhältnis

Donnerstag, 22. Mai 2008, Vormittagssitzung

Dr. Rütz, Nordrhein: Herr Vizepräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Bartmann, nach meiner Einschätzung haben Sie nicht nur ein vernünftiges Papier vorgelegt, sondern auch eine alternative Konzeption und damit die Hausaufgaben gemacht, die der Ärztetag in Münster Ihnen aufgegeben hat.

(Beifall)

Es ist zumindest eine Konzeption, mit der ich mich als Arzt identifizieren kann. Diese Konzeption ist - ich glaube, das schätzen viele Kollegen hier auch so ein - kompatibel mit den Beschlüssen, die wir gestern gefasst haben.

Ich möchte aber auf zwei Punkte zu sprechen kommen. Sie haben ja gebeten, man möge auch Kritik üben. Mit dem USB-Stick wäre ich nicht so ganz einverstanden. Ich halte das für eine Sackgasse. Aber das nur am Rande.

Mir geht es um zwei Dinge: um die Freiwilligkeit und die Frage, die Frau Gitter aufgeworfen hat: Was machen wir eigentlich, wenn die Regierung nicht tut, was wir hier beschließen? Insofern muss man einmal beleuchten, wer welchen Einfluss hat. Wir besitzen 10 Prozent an der gematik. Die Big Player in der gematik sind auf der einen Seite die KBV und auf der anderen Seite der SpiBu. "SpiBu" ist nicht die Abkürzung für "Spitzbuben", sondern für "Spitzenverband Bund der Krankenkassen". Warum haben diese beiden Organisationen 90 Prozent Anteile an der gematik? Diese beiden Organisationen brauchen die eCard, und zwar deshalb, weil sie das Sachleistungssystem tragen.

Nun hat sich ja der Ärztetag gestern mit einer Zweidrittelmehrheit für die Beibehaltung des Sachleistungssystems ausgesprochen. Dennoch müssen Sie wissen, welche Konsequenzen das hat. Ein Sachleistungssystem, unter dem wir im niedergelassenen Bereich richtig leiden, unter der Überbürokratisierung usw., wie ich es zu Beginn des Ärztetages darzustellen versucht habe, braucht ein zentrales Steuerungselement. Dieses zentrale Steuerungselement ist nicht die eCard, sondern, wofür sie den Schlüssel darstellt, nämlich eine zentrale Telematikplattform für alle Ärzte. Wenn wir diese zentrale Steuerungsplattform im Sachleistungssystem haben, werden wir das haben, sehr geehrter Herr Professor Hoppe, was Sie überhaupt nicht haben wollen, nämlich dass wir die Erfüllungsgehilfen dieses Systems werden. Das ist nämlich das Ende vom Lied, wenn das umgesetzt wird, was angedacht ist. Es ist ja auch expressis verbis in § 291 SGB V so beschrieben.

(Beifall)

Aus diesem Grund appelliere ich trotz der ablehnenden Haltung des Ärztetages noch einmal eindringlich an Sie, sich mit den Problematiken des Sachleistungssystems und insbesondere mit der Problematik des Sachleistungssystems im Hinblick auf die elektronische Plattform zu beschäftigen und dazu eine Stellungnahme auszuarbeiten. Es darf nicht der KBV überlassen werden, denn die KBV ist die Auftragsselbstverwaltung unserer Regierung.

Vielen Dank.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Rütz. - Der nächste Redner ist der Kollege Urban aus Berlin.

© Bundesärztekammer 2008