TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 19. Mai 2009, Nachmittagssitzung

Dr. Tuschen, Westfalen-Lippe: Herr Professor Hoppe! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz vortragen, was ich bei Ihrer Rede, Herr Hoppe, nicht verstanden habe. Ich habe nicht verstanden, warum die Welt vor den Selektivverträgen zwischen KV und Kassen in Ordnung gewesen sei. Das habe ich anders gesehen oder ich bin, wie man so sagt, in einem anderen Film. Ich meine, dass die Welt für die KV-Mitglieder bezüglich der Kassen nicht in Ordnung war, denn 20 oder 30 Prozent weniger pro Quartal in den letzten fünf Jahren, das haben wir Ärzte nicht in Ordnung gefunden. Deshalb frage ich Sie: Warum sehen Sie eine Welt in Ordnung, die die Mitglieder nicht in Ordnung sehen?

Mich hat Folgendes furchtbar gefuchst. Sie haben gesagt: Behinderte ab 18 Jahren werden in die Wüste geschickt. Ich habe geschluckt, als ich das hörte. Meiner Meinung nach, Herr Professor Hoppe, sind diese Patienten – einfach und mehrfach Behinderte – in der hausärztlichen Praxis gelandet. Das ist ganz einfach. Wir haben sie weiterversorgt, unter der Voraussetzung, dass die Kinderärzte sie an uns übergeben haben. Wir haben diese Behinderten, wie wir das bei allen anderen Krankheiten auch tun, weitergeschickt, wenn es nötig war. Diese Aufgabe haben wir erfüllt, wahrscheinlich ohne dass Sie es gemerkt haben.

(Vereinzelt Beifall)

Ich finde es nicht gut, Herr Professor Hoppe, dass Sie heute Randeffekte verallgemeinert haben. Sie haben noch einmal diese Vorauszahlungen in den Praxen hervorgehoben, dass gesagt wird, weil es wirtschaftlich sonst nicht machbar ist: Bitte legt 50 Euro auf den Tisch. Sie sollten diese Randeffekte, ob es nun ein oder zwei Kollegen waren, nicht verallgemeinern. Damit tun Sie allen Hausärzten, die ihre Arbeit machen, Unrecht.

(Beifall)

Herr Professor Hoppe, ich habe ein Bekenntnis zur hausärztlichen Versorgung vermisst, vor allen Dingen nachdem Sie in den letzten Tagen in der Presse – auch in der „Ärzte Zeitung“ vorgestern – deutlich Ihre Sorge geäußert haben, ob die flächendeckende Versorgung demnächst noch gewährleistet sei. Ich habe nichts von einem Bekenntnis zur hausärztlichen Versorgung gehört. Wir wollen die hausärztliche Versorgung, Herr Professor Hoppe, wir wollen die hausärztliche Versorgung und die fachärztliche Versorgung. Wir wollen § 73 b und § 73 c und keinen Mischmasch.

(Beifall)

Dann noch ein Wort zum Nachwuchs. Darüber hat zum Beispiel Herr Crusius eben gar nicht gesprochen. In fünf Jahren brauchen wir nicht mehr über die flächendeckende Versorgung zu sprechen, wenn es nicht langsam Mittel und Wege gibt, jetzt junge Kollegen in die hausärztliche Versorgung zu bekommen. Deshalb brauchen wir, Herr Professor Hoppe, die hausarztzentrierte Versorgung, wir brauchen § 73.

Wie sagt in Westfalen im Radio einer immer so schön: Denk darüber mal nach, mindestens eine Viertelstunde!

Danke.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. Jetzt muss ich doch ein bisschen korrigieren. Ich habe nicht gesagt, dass die erwachsenen Behinderten in die Wüste geschickt werden, sondern ich habe gesagt, dass die Grundversorgung für die Kinder und die Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr danach abbricht. Das habe ich selber durch einen Besuch in Bethel und an anderen Stellen erfahren, dass das so ist. Das habe ich auch geschildert bekommen. Ich würde warten, bis wir am Donnerstag bei diesem Thema sind. Dann werden wir dazu Näheres von den hochkundigen Referenten hören. Trotzdem vielen Dank für die Wortmeldung.

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Gerald Quitterer. Bitte schön.

© Bundesärztekammer 2009