TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 19. Mai 2009, Nachmittagssitzung

Dr. Pilz, Bayern: München!

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: München, aus Bayern München.

(Heiterkeit)

Dr. Pilz, Bayern: Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben. – Herr Präsident, ich danke Ihnen ausdrücklich, dass Sie das Thema der Priorisierung aufgenommen haben. Ich habe bereits auf dem 110. Deutschen Ärztetag in Münster einen Antrag zu diesem Thema gestellt. Es freut mich, dass das auf fruchtbaren Boden gefallen ist, nachdem es damals eine Vorstandsüberweisung gab.

Ich möchte gerne auf zwei Punkte Ihrer Rede, die mir wichtig erscheinen, eingehen. Das eine ist das Thema der Plakataktion in den Wartezimmern. Meine Damen, meine Herren, nicht nur weil ich Dermatologe und Allergologe bin und mittlerweile beim Fernsehen, wenn ich Frau Schmidt oder ihren Obersouffleur Herrn Lauterbach höre, typische Anzeichen einer anaphylaktischen Reaktion entwickle, halte ich diese Aktion nicht für verkehrt. Warum? Weil diese Partei seit Jahren die Realitäten im deutschen Gesundheitswesen nicht anerkennen will. Das heißt nicht, dass ich die Linkspartei oder die Grünen oder auch Teile der CDU hier außen vor lassen will, auch nicht Teile der CSU. Aber diese Partei negiert seit Jahrzehnten die Realitäten im deutschen Gesundheitswesen.

Hierfür haben wir heute wieder ein schönes Beispiel gehört. Staatssekretär Theo Schröder hat etwas von 11 Milliarden erzählt, die zusätzlich in das GKV-System geflossen seien. Er sagte aber nichts über die 48 Milliarden, die diesem System jedes Jahr an versicherungsfremden Leistungen entzogen werden. Das geht aus den neuesten Studien von Professor Beske hervor. Dieses Geld fehlt.

(Beifall)

Wir arbeiten also nicht für 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, sondern wahrscheinlich für 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit ist eine suffiziente Versorgung unserer Patienten nicht mehr gewährleistet.

Ich erinnere mich noch gut daran, als es in der vorhergehenden Wahlperiode um den Zahnersatz für Kinder ging – wohlgemerkt: Kinder haben die Chance, durch eine entsprechende Zahnhygiene ihre Zähne im Alter gesund zu halten –: Damals hat der ehemalige Bundeskanzler Schröder sofort argumentiert: Wir wollen nicht, dass man am Zahnstatus den sozialen Stand der Bürger erkennt. Damit wurde diese notwendige Priorisierungsmaßnahme diffamiert.

Meine Damen und Herren, bei einer Partei, die derartig populistisch argumentiert, kann man nur mit einem groben Klotz kontern.

Abschließend möchte ich an diese Versammlung appellieren, sich den Frust an der Basis klarzumachen. Der Frust der Kollegenschaft – ich spreche hier für die ambulanten Fachärzte – ist ungeheuer. Es geht nur zu einem ganz geringen Teil um Geld, sondern es geht darum, dass sich der Großteil der Ärzteschaft einem Repressionsapparat ausgeliefert sieht, dem sie nicht entrinnen kann.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Pilz. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Holzborn aus Nordrhein.

© Bundesärztekammer 2009