Dr.
von Ascheraden, Baden-Württemberg: Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu zwei Punkten sprechen. Der erste Punkt
lautet Priorisierung, Rationalisierung oder Rationierung. Wenn es nicht eine
reine Umbenennung werden soll, die das politisch schwer handhabbare Wort
„Rationierung“ aus der Diskussion nehmen soll, muss es mit einem Inhalt gefüllt
werden. Darüber werden wir ja noch diskutieren. Ich will nur ein paar kritische
Fragen stellen, die ich beim ersten Durchlesen und beim Hören Ihres Referats,
Herr Präsident, mir selbst gestellt habe.
Priorisierung mag ja bei operativen
Eingriffen, bei differenzierten Behandlungsmethoden wie der Dialyse durchaus
klar und plausibel darstellbar sein; für die hausärztliche Tätigkeit erwachsen
aber sehr viele Probleme. Die Patienten kommen ja nicht und sagen „Hier bin
ich, ich habe Klasse 3, behandeln Sie mich bitte“, sondern die Patienten kommen
und schildern ein Problem, das zunächst einmal ernst genommen werden will. Das
ist ja auch unsere Intention. Dann muss ich mich damit beschäftigen. Ich kann
also nicht a priori eine Priorisierung durchführen. Ex post kann ich vielleicht
sagen: Es war nicht so schlimm.
Aber wie soll das funktionieren? Es
hat ja nur dann bei begrenzten Ressourcen Sinn, wenn Konsequenzen daraus
folgen, was die Versorgungsebene anlangt, was vielleicht auch die Zuzahlung
oder den Ausschluss anlangt. Ich glaube, dass wir diese Frage sehr ernsthaft
diskutieren müssen. Hier sind wir an derselben Ecke wie bei der Frage: Wie kann
der Leistungskatalog sinnvoll beschränkt oder diskutiert werden?
Wir werden uns immer in der Gefahr
einer Sackgasse oder einer Falle befinden.
Ich bitte darum, dass wir die
Diskussion so führen, dass nicht zum Schluss wieder auf der hausärztlichen
Ebene sozusagen der Kleinkrieg über den Schreibtisch zu führen ist, auch was
die Verschreibung von Medikamenten oder von Heil- oder Hilfsmitteln anlangt.
Zweitens möchte ich gern etwas zu
dem Thema „Plakate gegen bestimmte Parteien in der Praxis“ sagen. Jeder von uns
hat das Recht, seine politische Meinung privat und öffentlich zu äußern. Aber
die Menschen kommen nicht in die Praxis, um politisch zu diskutieren, sondern
weil sie krank sind bzw. sich krank fühlen, weil sie eine ärztliche Behandlung
ohne politische Vorgabe erwarten. Das ist ein Unterschied. Deshalb sollten wir
in unseren Wartezimmern auf eine auf parteipolitische Differenzierung oder auch
Attacke gegründete Plakatierung verzichten.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Vielen Dank, Herr von Ascheraden. – Der nächste Redner ist Herr
Kollege Massing aus Westfalen-Lippe.
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