Wagenknecht,
Niedersachsen: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Die Debatte über die Priorisierung von Gesundheitsleistungen
haben Sie angestoßen, Herr Präsident. Ich finde es sehr richtig. Ich finde es
auch sehr richtig, dass Sie gesagt haben: Die Gesellschaft muss diese
Diskussion führen, nicht die Ärzteschaft. Ich glaube, es ist auch falsch, wenn
man sagt, dass irgendjemand uns diesen Auftrag geben soll. Auch ein
Gesundheitsrat kann der Ärzteschaft nicht den Auftrag geben, darüber zu
entscheiden, welche Leistungen im Gesundheitswesen ersten, zweiten oder dritten
Ranges sind. Das ist Aufgabe der Menschen, die in diesem Lande versorgt werden
sollen und wollen.
Ich möchte etwas zum Leitantrag des
Vorstands der Bundesärztekammer sagen. Ich tue mich sehr schwer damit, diesem
Leitantrag zu folgen, da er Dinge enthält, die meiner Meinung nach da nicht
hineingehören.
Ich ärgere mich ein bisschen
darüber, Herr Montgomery, dass Sie sagen: Wir müssen provozieren. Das stimmt
schon, aber dann nicht mit Dingen, die nichts, aber auch gar nichts miteinander
zu tun haben. Dass Milliardensummen in eine möglicherweise insolvente Bank
gestopft werden, geht uns in diesem Falle
überhaupt nichts an, das hat mit unserer Finanzierung des Gesundheitswesens gar
nichts zu tun.
Ich habe viel gelesen, weil ich
nicht verstanden habe, warum diese Bank in solchen Schwierigkeiten ist.
Irgendwann habe ich verstanden, dass es für unser gesamtes Gesellschaftssystem
notwendig ist, diese Bank irgendwie zu erhalten. Dennoch glaube ich nicht, dass
wir das mit der Einnahmesituation der GKV verknüpfen können, weder direkt noch
indirekt.
(Beifall)
Der letzte Satz des vierten
Absatzes in Antrag I-01 lautet:
Sie werden die Schulden der
heutigen Finanzkrise zurückzahlen müssen, sei es durch Kapitaltransfer oder
Inflation.
Das verstehe ich auch nicht; das
gehört da auch nicht hin. Wir wollen uns hier doch über eine vorausschauende
Gesundheitspolitik unterhalten, nicht über eine rückwärtsgewandte. Hier kommen
aber Dinge vor, die rückwärtsgewandt sind. Die Überschrift von Ziffer 3 –
„Ausstieg aus dem Hamsterrad“ – ist auch fehlerhaft. Da wird der
Gesundheitspolitik das Hamsterrad angelastet. Ich bin seit 13 Jahren als
Allgemeinarzt niedergelassen. Ich erlebe das Hamsterrad als eine Folge der
Selbstverwaltung. Wir haben es nicht geschafft, das abzuschaffen.
(Beifall)
Die KVen, die sich darum bemüht
haben, das Hamsterrad abzuschaffen, beispielsweise Nordrhein, sind jetzt bei
der Mittelzuführung nach dem Gießkannenprinzip völlig unter die Räder geraten,
obwohl sie etwas Vernünftiges getan haben.
(Vereinzelt Beifall)
Ich komme aus einer KV, die
durchaus wie verrückt auf dem Hamsterrad geritten ist. Sie hat davon
profitiert. Das ist keine vernünftige Gesundheitspolitik, auch nicht der
Selbstverwaltung. Insofern muss man sagen: Dieser Abschnitt ist so nicht
zustimmungsfähig.
Zu Ziffer 11 haben meine Vorredner
schon sehr viel gesagt. Auch ich glaube, es täte der Ärzteschaft gut, einen
Pflock für die hausärztliche Versorgung als Priorität im deutschen
Gesundheitswesen einzuschlagen.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Kollege Wagenknecht. – Jetzt der Präsident der
Ärztekammer Schleswig-Holstein, Dr. Bartmann.
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