TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 19. Mai 2009, Nachmittagssitzung

Dr. Emminger, Bayern: Herr Präsident Hoppe! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hoppe, Sie haben heute Vormittag eine richtige Rede in der richtigen Diktion mit dem richtigen Inhalt und, wie ich glaube, auch in der richtigen Zeit gehalten, nämlich in einer Zeit, in der die Angriffe auf die Ärzteschaft vielfältig sind. Wenn man Ihren Antrag „Prüfsteine“ liest, könnte man fragen, ob der Titel „Prüfsteine“ im Wahljahr richtig gewählt ist. Sind es tatsächlich Wahlprüfsteine?

Der volle Titel lautet: „Prüfsteine für eine neue, vorausschauende Gesundheitspolitik“. Ich erlaube mir so ein bisschen den Einwand: Man hätte an mancher Stelle tatsächlich etwas kreativer und vorausschauender auf die nächsten Jahre die eine oder andere Situation beschreiben können.

Sie haben das Thema Priorisierung angeschnitten. Ich frage hier durchaus selbstkritisch: Wenn die Ärzteschaft fordert, dass die Gesellschaft und vor allem die Politik zum Thema Priorisierung Stellung nimmt, an welchen Stellen priorisieren wir Ärzte selber, und zwar unser eigenes Handeln und darin, wie wir uns selber organisieren und wie wir selber wollen, dass unsere Patienten uns wahrnehmen, dass die Gesellschaft uns wahrnimmt?

Herr Bartmann hat vorhin in seinem Beitrag eine richtige Formulierung gebraucht: Die KVen sind sturmreif geschossen. Daran ist etwas Wahres. Bei diesem Sturmreif-geschossen-Sein kann man die Äußerungen der Allgemeinärzte durchaus nachvollziehen und verstehen, wenn sie sagen: Wir müssen unsere Interessen, unsere Ideen mit unseren eigenen Mitteln verfolgen, weil wir uns von einer derart sturmreif geschossenen KV nicht mehr so richtig vertreten fühlen. Nachvollziehen und wahrnehmen muss man das.

Die Hausärzte sollten sich nicht der Illusion hingeben, dass sie mit ihren Organisationen nicht als Nächste sturmreif geschossen werden und nicht als Nächste in die Mangel einer Politik der Rationierung und der Reduzierung der Geldzuflüsse geraten.

Ich habe in einem Antrag, der Ihnen nachher verteilt werden wird, um den Konflikt zu Ziffer 11 etwas zu entschärfen, die Idee entwickelt: Lassen Sie uns doch einmal darüber nachdenken, ob wir nicht im Sinne einer vorausschauenden und zukünftigen Gesundheitspolitik uns auch Gedanken darüber machen könnten, die beiden Körperschaften zu einer großen und schlagkräftigen Körperschaft zusammenzulegen, die dann nicht mehr so leicht sturmreif zu schießen ist, wie das derzeit mit der KV und zukünftig vielleicht auch mit uns möglich ist.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Herr Emminger. Das ist ein weitreichender Antrag. Darüber sollte man sehr gründlich nachdenken, weil damit die Bundespolitik in die KVen eingreifen könnte und das Bundesgesundheitsministerium dann gewisse Aufsichtsrechte hätte, von denen wir uns nicht immer so schrecklich viel versprechen. – Die nächste Rednerin ist die Vizepräsident der Ärztekammer Bremen, Frau Dr. Gitter.

© Bundesärztekammer 2009