Dr.
Eichelmann, Sachsen-Anhalt: Herr Vorsitzender! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich bei Herrn Professor
Katzenmeier für den sehr fundierten ausführlichen Vortrag bedanken, der uns
deutlich vor Augen geführt hat, in welchem Spannungsfeld der Arzt in Zeiten der
Rationierung lebt. Zu diesem Punkt habe ich zusammen mit Kollegen aus meiner
Kammer und aus anderen Kammern einen Antrag eingebracht, der Ihnen vielleicht
noch nicht vorliegt. Der Antragstext lautet:
Der Bundesgesetzgeber wird
aufgefordert, bei Straf- oder Zivilrechtsverfahren, die Patientenschäden
betreffen, die Verantwortung den Personen aufzuerlegen, die die behandelnden
Ärzte trotz deren medizinisch gerechtfertigten Gegenvorstellungen zu im Sinne
der Rechtsprechung pflichtwidrigem Verhalten veranlasst haben.
Bleibt in einem straf- oder
zivilrechtlichen Verfahren zweifelhaft, ob die Schädigung eines Patienten dem
Arzt als vermeidbares Fehlverhalten angelastet werden kann oder z. B. die Folge
eines von Dritten ausgeübten Rationalisierungsdrucks ist, muss der Ausgleich
des Patientenschadens von der Gesamtheit der Versicherten in einem
Umlageverfahren aller Kassen oder aus Steuermitteln getragen werden.
Ich möchte das begründen. Der
Druck in den Krankenhäusern, Kliniken und Praxen, Kosten einzusparen, ist
unerträglich und wird ständig stärker. Es kommt zu Schädigungen von Patienten,
vor allem dann, wenn Ärzte in mit Systemfehlern behafteten
Organisationsstrukturen arbeiten. Es ist arbeitsrechtlich riskant und verlangt
auch schon Zivilcourage, wenn etwa ein Chefarzt einer Klinik der Anordnung der
Geschäftsführung entgegentritt, Pflegekräften anstelle von Anästhesisten die
Führung einer Narkose zu übertragen. Trotz vieler ehrenwerter mutiger Beispiele
ärztlichen Widerstands muss damit gerechnet werden, dass sich die
betriebswirtschaftlichen Zwänge häufig durchsetzen, der Facharztstandard
aufgegeben wird und die Sicherheit des Patienten bedroht ist.
Gleichwohl lehnt der BGH die
Lockerung des Haftungsmaßstabs ab. Das haben wir in dem Referat gehört. Die
Sicherheit des Patienten geht allen anderen Gesichtspunkten jedoch vor. Aus
diesem Grunde wird nicht der Arzt, sondern der Dritte, der diese unvertretbaren
Risiken geschaffen hat, gegebenenfalls straf- oder zivilrechtlich für den
entstandenen Schaden eventuell einstehen.
Vielen Dank.
(Beifall)
Vizepräsident Dr.
Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Eichelmann. – Als Nächster hat sich
Herr Zimmer, Delegierter der Ärztekammer Nordrhein, zu Wort gemeldet.
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