TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Henneberg, Hessen: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Priorisierung ist keine Rationierung. Ich mache mir größte Sorgen um das, was wir hier im Moment diskutieren. Wir haben einen Katalog aufgestellt und haben gesagt: Am Anfang der Priorisierung stehen Schmerzen und lebensbedrohliche Situationen, am Ende Wellness.

Ich muss vielleicht sagen, aus welcher Ecke ich komme: Ich bin Ärztin für Neurologie und Psychiatrie. Ich gehöre also einer der Minderheiten hier an. Ich habe eine Spezialambulanz für Parkinsonkranke. Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland 320 000 Parkinsonkranke. Das sind Patienten, die, wenn sie in die Fortschrittsfalle der Medizin geraten, also nicht diejenigen Medikamente bekommen können, die sie benötigen, sehr schnell unbeweglich werden und sich dann auch nicht mehr äußern können, weil sie sehr leise werden. Sie haben vielleicht noch eine Selbsthilfegruppe, aber werden dann eben nicht von Patienten selbst vertreten, sondern von Juristen, die uns ja, wie wir hier hören konnten, sehr gut weiterhelfen können.

Wir diskutieren jetzt darüber, dass wir am Ende des Lebens die Würde des Menschen erhalten wollen. Wir müssen bitte dafür sorgen, dass Minderheiten sowohl von den Fachärzten als auch von den Patientenvereinigungen gehört werden, auch wenn sie eine noch so kleine Gruppe vertreten. Ich bin ganz sicher, dass viele unserer Kollegen ebenso ihr kleines Beispiel in der Hinterhand haben.

Wenn wir das nicht tun, werden wir vielen Menschen in unserem Lande nicht gerecht werden, denn die Ressourcen der Gesellschaft sind offensichtlich nicht mehr so groß, dass wir kleine Minderheiten berücksichtigen können. Aber genau das wünsche ich mir von einer gut funktionierenden Medizin. Auch das würde ich unter dem Begriff der Patientenrechte subsumieren.

Ich bedanke mich.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen herzlichen Dank, Frau Professor Henneberg. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Ute Taube, Delegierte der Sächsischen Landesärztekammer.

© Bundesärztekammer 2009