Hesse, Bayern: Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das mit der Presse sehe
ich gar nicht so negativ. Ich glaube auch, dass es sehr schwierig ist, diese
komplexe Thematik innerhalb kurzer Zeit so darzustellen, dass es jeder in der
Bundesrepublik Deutschland versteht. Ganz wichtig ist, dass diese Diskussion
eröffnet ist, dass sie angestoßen worden ist. Sie wird auch weitergehen.
Wir haben damals auch in
verschiedenen anderen ziemlich haarigen Diskussionen erlebt, dass zunächst der
Regen der negativen Presse auf uns niedergegangen ist. Beispielsweise hieß es
bei den Ärztestreiks, wir seien ohne Ende geldgeil. Schließlich hat es sich
gewandelt. Inzwischen ist allgemein akzeptiert, dass auch der Arzt ein Recht
auf ein Einkommen hat. Das ging relativ rasch.
Ich würde es also gar nicht so
pessimistisch sehen, wenn nach 24 Stunden die eine oder andere Pressestimme
negativ ist. Ich möchte vielmehr sagen, dass das Gejaule unserer
Bundesgesundheitsministerin ein sehr positives Indiz dafür ist, dass wir sie an
einer sehr, sehr empfindlichen Stelle getroffen haben. Das sehe ich als
durchaus positiv an.
(Vereinzelt Beifall)
Andererseits möchte ich auch einmal
sagen, dass wir Rationierung und Priorisierung nicht vermischen sollten. Ich
kann der Priorisierung nicht nur Schlechtes abgewinnen. Ich möchte es anders
formulieren: Die Aufgabe, zu definieren, was medizinisch sinnvoll und notwendig
ist, ist eine genuin ärztliche Aufgabe. Das müssen wir schaffen, und zwar nicht im Sinne der Rationierung, sondern wir
müssen wieder die Herrschaft, sozusagen die Lufthoheit, über das gewinnen, was
medizinisch sinnvoll und notwendig ist.
Ich möchte hier unter
Tagesordnungspunkt II außerordentlich begrüßen, dass im Antrag des Vorstands zu
Tagesordnungspunkt I unter Ziffer 17 die Anregung steht, einen Gesundheitsrat
ins Leben zu rufen, der der Politik ein bisschen hilft, Realitäten zu finden.
Der Gesundheitsrat kann möglicherweise den jetzt existierenden Gemeinsamen
Bundesausschuss ersetzen.
Abschließend möchte ich noch kurz
auf den Antrag II-02 eingehen. Ich möchte Sie bitten, diesen Antrag entweder
abzulehnen oder Nichtbefassung zu beschließen. Wenn man es andersherum liest,
würden wir sagen: Weil unsere Gesundheitspolitik komplett versagt hat, möchten
wir unsere gesamte Rechtsordnung auf den Kopf stellen, das heißt, wir Ärzte
zeigen ein pflichtwidriges Verhalten. So steht es in diesem Antrag. Wir lassen
uns das vom Gesetzgeber sogar noch sanktionieren und uns dadurch heilig sprechen.
In unserer Rechtsordnung gibt es
den Unterschied zwischen einem abstrakten und einem konkreten Verschulden,
einem Anordnungs- und Übernahmeverschulden. Wir sollten uns auf keinen Fall
höchstrichterlich in irgendeiner Art und Weise die Verantwortung für Gesundheit
und Krankheit unserer Patienten nehmen lassen. Bitte lehnen Sie diesen Antrag
ab.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Montgomery:
Danke, lieber Jan Hesse. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Christiane
Friedländer. Sie kommt aus Nordrhein.
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