Prof. Dr. Dr. habil.
Dietrich, Bayern: Meine Damen und Herren! Ich habe mich jetzt noch einmal
zu Wort gemeldet, um etwas klarzustellen. Es ist immer schwierig, wenn man eine
Minderheitenmeinung vertritt oder eine Meinung vertritt, die nicht unbedingt
immer die Mehrheit des Plenums hier findet. Wenn man das auch noch in drei
Minuten machen muss, dann geht manchmal etwas unter.
Ich bin kritisiert worden, dass ich
nicht die Personalschwächen in den Kliniken angeprangert habe. Natürlich ist
das eine Rationierung. Das sehe ich völlig ein; dafür muss ich mich
entschuldigen. Aber das war nicht das Thema, das ich hatte. Mein Thema war die
medizinische Behandlung.
Dass wir heute in den Kliniken
unter großem ökonomischen Druck stehen, ist völlig klar. Ich gebe zu: Das
beeinflusst auch unsere medizinischen Entscheidungen, die wir in der Klinik
treffen. Vielleicht habe ich einen etwas falschen Blickwinkel, weil ich in
einem sehr lukrativen Bereich der klinischen Medizin tätig bin, der der
Verwaltung Geld bringt. Andere Bereiche tun das nicht.
Das ist der eine Teil, weshalb ich
mich zu Wort gemeldet habe, weil ich das klarstellen und betonen wollte. Der
andere Aspekt ist folgender. Was wir von Herrn Katzenmeier gehört haben, ist
für mich eine gefährliche Tendenz. Das ist die Tendenz, die in eine
Defensivmedizin führt. Viele diagnostischen Leistungen werden heute nicht mehr
erbracht, um eine Diagnose zu stellen, sondern um eine Diagnose auszuschließen,
um sicher zu sein, dass der Patient diese oder jene Erkrankungen nicht hat.
Obwohl ich eigentlich weiß, er hat sie nicht, muss ich mir sicher sein, ich
brauche ein CT, ich brauche ein MR, ich brauche ein PET oder einen
Herzkatheter.
Das ist eine Medizin, wie wir sie
heute beispielsweise in den USA haben, wo mehr als die Hälfte aller Leistungen
nicht erbracht werden, um den Patienten zu helfen, sondern um den Arzt zu
schützen. Die Tendenz zum Arztschutz halte ich für schlecht und für extrem teuer.
Eine MR-Untersuchung bei
Kopfschmerzen kann für einen Kassenpatienten drei Wochen dauern. Das kann
lebensbedrohlich sein. Das hängt aber nicht damit zusammen, dass rationiert
wird, sondern das hängt einfach damit zusammen, dass zu viele MRT-Untersuchungen
durchgeführt werden, dass zu viele Patienten, die einen banalen Kopfschmerz
haben, zur Absicherung des Arztes durchs MRT geschoben werden.
Da müssen wir einen Weg finden,
dass wir uns vernünftig verhalten können. Natürlich hängt das mit der
Apotheken-Zeitung zusammen, natürlich hängt das mit unserem öffentlichen
Auftreten zusammen, dass wir sagen: Wir können alles machen, die moderne
Medizin guckt in den Patienten, liefert uns die Diagnose. Hier haben wir selbst
eine gewisse Schuld.
Worauf ich hinauswollte, ist: Wir
sollten erst einmal auf uns selber schauen. Wir sollten schauen: Was können wir
für unsere Patienten tun? Wo haben wir noch Möglichkeiten innerhalb dieses
Systems, eine vernünftige Medizin im Sinne unserer Patienten zu machen? Das war
der Sinn meines vorherigen Beitrags.
Danke schön.
(Beifall)
Vizepräsident Dr.
Montgomery: Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege Dietrich. – Der nächste
Redner ist Professor Joachim Grifka aus – daran muss ich mich noch gewöhnen –
Bayern.
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