TOP II: Patientenrechte in Zeiten der Rationierung

Mittwoch, 20. Mai 2009, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Grifka, Bayern: Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wir können nur dankbar sein, dass wir das Thema der Priorisierung auch mit diesen Abwägungen in die Öffentlichkeit gebracht haben, denn es ist ein Problem, das immanent ist, aber unter der Decke gehalten wird. In der tagtäglichen Entscheidung haben Sie alle doch genau damit zu kämpfen, Abwägungen vorzunehmen.

Wir Ärzte – genauso gut die Krankenhäuser und die Industrie – werden immer wieder für die finanziellen Probleme verantwortlich gemacht, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben in der GKV und der PKV herrschen. Letztlich sind wir alle in der Verantwortung dem Patienten gegenüber, aber auch aus unserem beruflichen Ethos heraus, Lösungen zu suchen, die versuchen, das Beste daraus zu machen, aber in den Grenzen, die uns vorgegeben sind, und innerhalb der Rahmenbedingungen, die eng gefasst sind, die unsere Handlungsmöglichkeiten wie ein Korsett entscheidend einengen.

Deshalb glaube ich, dass diese Diskussion wichtig ist, dass man sie führen muss. Ich bin froh, dass sie jetzt so ins Rollen gekommen ist, dass wir diese Diskussion von der ärztlichen Verantwortung ausgehend führen. Das heißt ja nicht, dass wir sie wollen, sondern wir wollen klarmachen, dass es sie gibt und dass wir mit ihr umgehen müssen, mit dieser externen Restriktion, die genauso öffentlich gemacht werden muss.

Ich finde es aber zugleich höchst bedenklich, dass von den Kostenträgern erhebliche Finanzmittel für nicht zweckentsprechende medizinische Versorgungen aufgewendet werden, für Dinge, die eigentlich Marketinginstrumente sind. Das sind Wellnessmaßnahmen, das sind entsprechende Werbekampagnen. Dabei geht es um erhebliche Mittel. Nach den Analysen von Herrn Beske vom Institut für Gesundheits-System-Forschung in Kiel, der das ja sehr genau aufgelistet hat und im Einzelnen beschreibt, sind das allein für die Quersubventionen, die es als Verschiebebahnhof gibt, im Jahr 45,5 Milliarden Euro, die nicht zweckgebunden medizinisch eingesetzt werden können.

Wenn man unsinnige Maßnahmen wie irgendwelche Yogakurse hinzurechnet, kommt man auf bis zu 30 Prozent des Gesamtvolumens.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen finden Sie einen Antrag von mir zu dieser Thematik: Dieses Geld muss ärztlich eingesetzt werden. Alles andere ist eine absolute Verschwendung. Dieses Geld muss unseren Patienten zugute kommen. Das lindert auch Not und dient der Versorgung von Patienten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Montgomery: Vielen Dank, lieber Joachim. – Der nächste Redner ist Horst Massing aus Westfalen-Lippe.

© Bundesärztekammer 2009