Prof. Dr. Fuchs, Referent:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal ganz herzlichen
Dank für diese engagierte Diskussion. Ich denke, wir können gemeinsam
feststellen, dass es richtig war, diesen Beratungsgegenstand auf die
Tagesordnung dieses Ärztetages zu setzen.
(Beifall)
Ich meine, dass wir damit ein Signal
gesetzt haben, weil absehbar ist, dass wir, wie ich vorhin sagte, zwischen die
Mühlsteine von Gesundheitswirtschaft einerseits und Drangsalierung durch das
SGB V andererseits geraten. Professor Katzenmeier hat in seinem Schema
dargestellt, wie sehr unsere Freiheit, unsere Handlungskorridore eingeschränkt
werden. Das, was wir vorgetragen haben, was auch als ein Angebot an die
Gesellschaft zu verstehen ist, wäre ein dritter Weg, der als entscheidendes
Fundament die Tätigkeit des Arztes als freier Beruf hat.
Was den Leitantrag des Vorstands
anlangt – ich war natürlich an der Vorbereitung etwas stärker beteiligt –,
möchte ich nur anmerken, dass die Vorschläge, die dazu gemacht wurden,
akzeptabel sind. Das Wort „lediglich“ ist verzichtbar, Herr Emminger. Die Aussage
des Leitantrags nimmt dadurch keinen Schaden. Die Änderungsanträge 01 a und 01
b sind in meinen Augen okay, wenn es einer breiten Mehrheit für den Leitantrag
dient.
Es gibt ein breit schillerndes
Verständnis, was unter Mündigkeit zu verstehen ist. Es gibt den hochgradig mit
Expertenwissen ausgestatteten Hämophiliepatienten, der genau um seine Krankheit
und alles, was an Komplikationen auftreten kann, weiß, und zwar viel besser als
der Großteil aller Ärzte. Es gibt aber auch den einwilligungsunfähigen
Patienten, der in seiner Befindlichkeit ebenfalls wahrgenommen werden muss.
Insofern ist es, glaube ich, hilfreich, wenn wir mit dem Begriff der Mündigkeit
in zwei Richtungen umgehen: einmal in Richtung der Anwendung dieses Begriffs im
Hinblick auf die individuelle Situation des jeweiligen Patienten. Wir müssen
aufpassen, dass wir ihm gerecht werden. Es geht um die Betrachtung des
Einzelfalls. Da kommt die Frage nach der Mündigkeit zur Anwendung.
Ich meine, wir sollten den Begriff
der Mündigkeit mit dem Begriff der Wertschätzung kombinieren. Der Patient muss
in seiner Befindlichkeit wertgeschätzt werden. Das hängt natürlich sehr von der
Krankheit und der gesamten Situation des Patienten ab.
Zum anderen hat Mündigkeit auch
etwas mit Information zu tun. Information ist nicht Wissen. Ein über das
Internet Informierter hat noch lange kein Wissen. Das muss uns klar sein.
Dieses Wissen führt beim Arzt im Rahmen seiner beruflichen Sozialisation zu
einem Mehr an Erfahrung. Diese Erfahrung wiederum muss Anwendung finden. Das
hat etwas mit Normen und Werten zu tun.
Ich glaube, meine Aussage ist
richtig, dass der mit Internetinformationen vollgestopfte Patient das Wissen
und die Erfahrung des Arztes sucht, auch die Werte und Normen des Arztes.
Insofern sollten wir mit dem Begriff der Mündigkeit sehr differenziert umgehen.
Ich möchte Sie auch bitten, dass
wir in unserer Diktion unterscheiden zwischen dem freien Beruf und der
Freiberuflichkeit. Es ist eine gute Fügung, dass die Freiberuflichkeit in allen
Berufen mitschwingt, die sich beispielsweise im Bundesverband der Freien Berufe
zusammengefunden haben. Die Bundesärzteordnung fokussiert auf die
deklaratorische Feststellung: Der Beruf des Arztes ist ein freier Beruf. Wir
sollten nicht selber dahinter zurückfallen.
(Beifall)
Diese Beratung heute Nachmittag
kann einen identitätsstiftenden Impuls in die Ärzteschaft aussenden. Daher ist
es mir wichtig, dass von diesem 112. Deutschen Ärztetag das Signal ausgeht: Wir
wollen uns für die Tätigkeit des Arztes als freier Beruf einsetzen. Wir sollten
in der Tat die jungen Kolleginnen und Kollegen mit diesem Gedankengut abholen,
das wir heute vielleicht konsolidiert haben. Es ist nicht damit getan, dass es
im „Deutschen Ärzteblatt“ einen Bericht darüber gibt. Wir können nicht das Ganze
irgendwo in die Ablage geben und sagen: Es ist ja irgendwo veröffentlicht. Wir
sollten letztlich in einem freien Beruf leben und ihn vorleben.
Vielen Dank.
(Beifall)
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