TOP IV: Medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung

Donnerstag, 21. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Gräfin Vitzthum, Baden-Württemberg: Meine Damen und Herren! Zur Versorgung Behinderter gehört auch die Versorgung misshandelter Kinder. Seit Jahren kämpft die Landesärztekammer Baden-Württemberg für Kinderschutzambulanzen an den 14 Kinderkliniken des Landes. Ich habe diesen Ausschuss lange geleitet. Es gibt einen Enquete-Beschluss der Landesregierung, solche Ambulanzen einzurichten. Bis heute haben wir keine einzige bekommen.

Auch wenn vor der Wahl gesagt wird, Baden-Württemberg solle ein Kinderland werden, gilt das nach der Wahl meistens nicht mehr. Man muss die Politiker daran erinnern.

Herr Professor Seidel, Sie beschreiben einen besonderen Bedarf und eine bedarfsgerechte Versorgung mit Mehraufwand für Behinderte. Ich darf mit aller Bescheidenheit daran erinnern, dass auch wir als Hausärzte, die wir Alzheimer-Patienten zu Hause versorgen, mit einer Pauschale von 33 Euro unseren zutiefst sozialen Beruf so nehmen, wie er ist: Wir gehen hin; wenn es sein muss, für diese 33 Euro auch einmal pro Woche. Das heißt, die Behinderten sind auch bei uns.

(Beifall)

Noch ein Wort zum Eingehen der KVen auf Ihren besonderen Versorgungsbedarf. Wir haben im Bereich der baden-württembergischen KV die Diakonie in Stetten, die mit Bethel zu vergleichen ist. Wir haben die dort arbeitenden Kollegen nach § 116 ermächtigt, so wie Sie es auch möchten, ohne Überweisungsvorbehalt. Die Kollegen, die dort mit Behinderten arbeiten, können eine Hausarztpauschale abrechnen. Wir sind immer auf ihren besonderen Bedarf an Medikamenten und Arzneimitteln für Epilepsien usw., die ja sehr teuer sind, eingegangen. Vielleicht erkundigen Sie sich einmal in unserem Hause, wie sie es in ihrer KV machen, damit es da keine Reibereien gibt.

Uns macht aber Folgendes Probleme – sehen Sie und verstehen Sie dies bitte mit Augenmaß –: Die Diakonie in Stetten, die eine hundertprozentige Tochter von Bad Boll ist, möchte jetzt ein medizinisches Versorgungszentrum aufbauen. Wir als Hausärzte betrachten das als eine Situation mit ungleich langen Spießen, denn dort steht ein großes Unternehmen dahinter, während wir Hausärzte gar nicht so investieren können. Die Hausärzte, die unter ihrem Regelleistungsvolumen darben, haben Sorge, ihre Praxis zu verlieren.

Ich möchte, dass zwei Systeme nebeneinanderarbeiten können und dass beide mit Augenmaß die finanzielle Basis erhalten, um die Versorgung sozial und gerecht durchzuführen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Ich danke Ihnen. – Es folgt Herr von Ascheraden.

© Bundesärztekammer 2009