TOP IV: Medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung

Donnerstag, 21. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. von Ascheraden, Baden-Württemberg: Ich habe zu drei Punkten etwas zu sagen. Der erste Punkt ist: Ich habe mit Interesse vernommen, dass in der UN-Resolution, die jetzt auch bei uns geltendes Recht ist, ein Höchstmaß der erreichbaren Versorgung rechtlich festgeschrieben ist. Das geht über das hinaus, was wir im SGB V haben. Vielleicht werden sich die Juristen einmal darum kümmern müssen, wie hier der Gleichheitsgrundsatz einmal von der anderen Seite her zu gewährleisten ist.

Der zweite Punkt ist: Wir haben eben schon gehört: Eine Kostenerstattung könnte durchaus erfolgen, aber dann bräuchten wir Sonderregelungen. Ich weiß nicht, ob es gut ist, eine zentrale Forderung hinsichtlich der Vergütung zu erheben, die von vornherein für eine große Zahl von Menschen Sonderbedingungen erforderlich macht. Das gilt nicht nur für die Behinderten, das gilt auch für die Suchtkranken, das gilt für die Menschen ohne festen Wohnsitz.

Ich glaube, diejenigen, die das System der jetzigen Honorierung und auch das System der KV in vielen Punkten zu Recht kritisieren und ihre Abschaffung fordern, müssen sich ernsthaft fragen lassen: Wie soll dieser Versorgungsbedarf, der im Augenblick sicher auch mit Mängeln behaftet ist – das haben Sie zu Recht gesagt, Herr Seidel; aber es gibt auch bessere Beispiele, wo die KVen kooperativ sind –, auch in Zukunft sichergestellt werden?

Der dritte Punkt ist: Wir haben ein Defizit an der Schnittstelle bei 18 Jahren, wenn die Behinderten erwachsen werden. Die Hausärzte – es gibt viele, die sich dort sehr stark engagieren – stehen unter einem enormen Druck ihrer Budgets, ihrer begrenzten Gesprächsziffern, Hausbesuchsziffern usw. Hier brauchen wir, denke ich, ein neues Konzept, das sich in der Suchttherapie etwa in kommunalen Netzwerken schon andeutet, jedenfalls in Baden-Württemberg. Wir brauchen eine neue Form der organisierten Kooperation zwischen Hausärzten, Fachärzten aller Couleur, vor allem aber Neurologen, Orthopäden und Psychiatern. Wir brauchen hier ein ähnliches Netzwerk, wie es sich in der Pädiatrie schon gebildet hat.

Ich glaube, wenn wir diese Dinge aufnehmen, können wir ein wichtiges Ziel erreichen, dass wir uns als Ärztetag nicht nur mit den monetären Problemen herumschlagen. Ich schlage vor, einmal zu überlegen, ob wir ein solches Referat wie heute nicht einmal als einen Teil der Eröffnungsveranstaltung vorsehen, weil die mediale Aufmerksamkeit dann vielleicht eine andere wäre. Wir werden in der Zeitung doch immer nur als diejenigen gebrandmarkt, die mehr Geld wollen, aber nicht zur Lösung der Probleme beitragen.

Danke schön.

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Danke, Herr von Ascheraden. – Es folgt Herr Kollege Ramm aus Hamburg.

© Bundesärztekammer 2009