Dr. Dewitz, Berlin:
Sehr geehrte Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wie wichtig dieser Tagesordnungspunkt auf dem Ärztetag ist, haben die
Vorträge von Herrn Dr. Peters und Herrn Professor Seidel gezeigt. Die Qualität
einer Gesellschaft zeigt sich insbesondere, wie ich finde, auch im Umgang mit Menschen
mit Behinderungen, mit kranken, mit älteren, mit schwachen Menschen. Herr
Peters hat auf die Verbrechen in den dunkelsten Jahren deutscher Geschichte
hingewiesen. So etwas darf sich in Deutschland nie wiederholen, so etwas wird
sich nie wiederholen. Er hat aber auch mit Recht auf die negativen
Entwicklungen in Holland hingewiesen. Ich habe einen guten Bekannten, der
contergangeschädigt ist. Er beobachtet die Entwicklung in Holland mit großem
Argwohn, mit Ängsten und Sorgen, dass diese Debatte auch nach Deutschland mit
negativen Auswirkungen auf Behinderte überschwappen könnte.
Herr Professor Seidel hat mit Recht
auf die schleichende Entwertung beschädigten Lebens im öffentlichen Diskurs
hingewiesen. Hier müssen wir entgegenwirken. Er hat auch auf eine heimliche
Lebenswertdebatte hingewiesen. Auch hiergegen müssen wir als Ärzte unsere
Stimme erheben; denn genau davor haben Menschen mit Behinderung auch in unserem
Land Angst, dass so etwas im öffentlichen Raum Platz greifen könnte.
Wir sollten uns auch in der
öffentlichen Diskussion für eine behindertenfreundliche Gesellschaft und eine
behindertengerechte Gestaltung unserer Gemeinden einsetzen.
Ich habe hier noch einige Beispiele
aus meinem kommunalpolitischen Engagement. Wenn Bürgersteige an den Kreuzungen
abgesenkt werden, müssen auch Riffelplatten für Sehbehinderte verlegt werden.
Wenn Ampelanlagen erneuert werden, sollten sie sehbehindertengerecht mit diesen
Vibrationsanlagen ausgestattet werden. Diese sollten nicht, wie in Berlin
geschehen, um 22 Uhr abgeschaltet werden, weil sich Anwohner durch das Gesumme
gestört fühlten und sich beim Bezirk beschwerten. Das kann man abends auch
leiser stellen. Es ist nicht einzusehen, dass Sehbehinderte um 22 Uhr zu Hause
sein müssen. Wenn U-Bahnhöfe mit Fahrstühlen ausgestattet werden, sollte es
üblich werden, dass im Verkehrsfunk durchgesagt wird, welche ausgefallen sind;
denn der Behinderte weiß zwar, wo er in den Tunnel hineinkommt, aber er weiß
nicht, wie er wieder hinauskommt. Wenn dort, wo er aussteigen möchte, der
Fahrstuhl außer Betrieb ist, muss er wieder zurückfahren und kann nicht dort
aussteigen, wo er dies tun möchte.
Ich denke, für diese Dinge können
wir uns einsetzen. In meinem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wird es noch 20
Jahre dauern, bis alle Ampeln sehbehindertengerecht ausgestattet sind.
Ich habe im Jahre 2000 mit Freude
die Übertragung der Olympischen Spiele in Sydney gesehen. Damals war man dort
schon wesentlich weiter als wir hier zehn Jahre später.
Vielen Dank.
(Beifall)
Vizepräsidentin Dr.
Goesmann: Wir danken Ihnen. – Nun folgt Frau Kollegin Haus aus Nordrhein.
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