Detlef
Sittel, Zweiter Bürgermeister der Stadt Dresden: Sehr geehrter
Herr Ministerpräsident Tillich! Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Rösler!
Sehr geehrter Herr Professor Hoppe! Herr Professor Schulze! Meine Damen und
Herren! Ich darf Sie recht herzlich im Namen von Oberbürgermeisterin Helma
Orosz hier in Dresden willkommen heißen. Ich freue mich, dass Dresden zum
wiederholten Male Gelegenheit bekommt, Ausrichter eines Deutschen Ärztetages zu
sein. 1887 tagte der Deutsche Ärztetag das erste Mal in Dresden, dann wieder
1899 und zum dritten Mal 1993. Ich glaube, der zeitliche Abstand zwischen 1993
und 2010 ist groß genug, damit diejenigen, die bereits beim Deutschen Ärztetag
1993 hier waren, sehr gut sehen können, was in der Zwischenzeit in Dresden
passiert ist.
Ich lade Sie herzlich ein, sich ein
Bild zu machen, ob das Geld nur verprasst worden ist oder ob es nicht auch
sinnvolle Investitionen gegeben hat. Man sieht, wie stark der Freistaat Sachsen
insgesamt ist. Bestimmte Aufgaben werden im Freistaat Sachsen verteilt; nicht
jede Stadt in Sachsen muss alles können, aber alle sächsischen Städte zusammen
müssen den Freistaat Sachsen insgesamt stark machen. Ich glaube, das gelingt
uns trotz mancher trennenden Diskussionen insgesamt sehr gut.
Einen besseren Einstieg als jenen
unseres jungen Musikers konnte es, glaube ich, heute nicht geben, um zu
verdeutlichen, was die Kunst- und Kulturstadt Dresden ausmacht. Auch wenn ich
ein wenig über die Vergangenheit spreche, sollte deutlich sein, dass Gegenwart
und Zukunft von genau demselben Rang sind. Insofern ist die Perspektive
hervorragend.
Die Medizin hat in Dresden einen
hohen Stellenwert. In einem unserer beiden städtischen Krankenhäuser, in
Dresden-Friedrichstadt, ist die Verbindung zwischen Medizin und Geschichte eine
außerordentliche. Es gibt in Dresden-Friedrichstadt das Chinesische und das
Pompejanische Zimmer, einen barocken Festsaal und das Marcolini-Palais. Kaiser
Napoleon hat 1813 im Chinesischen Zimmer mit Fürst Metternich verhandelt und
dort Weltgeschichte geschrieben.
Richard Wagner hat im
Marcolini-Palais seinen „Lohengrin“ vollendet. Er hat dort von 1847 bis 1849
gewirkt.
Es zeigt sich also, dass schon
damals durchaus ein gewisser Bezug vorhanden war. Das Krankenhaus
Dresden-Friedrichstadt wurde im Herbst 1849 eröffnet, hatte aber die ersten
Patienten schon aus dem Maiaufstand zu verzeichnen.
Auch heute gibt es einen ganz
berühmten „Patienten“ in Dresden-Friedrichstadt; das kann ich bei aller
ärztlichen Schweigepflicht sagen. Ich meine den Neptunbrunnen. Der
Neptunbrunnen ist einer der bedeutendsten europäischen Brunnen. Er wurde von
Lorenzo Mattielli 1745/46 vollendet. Der Entwurf wird Zacharias Longuelune
zugeschrieben. Ich erwähne diesen „Patienten“, weil dieser „Patient“ durchaus
einer gewissen Hilfe bedarf. Der Förderverein für den Neptunbrunnen würde sich
durchaus freuen, wenn Sie den Standort aufwerten würden.
Die lange Tradition, die es zu
beschreiben gäbe, würde allerdings den zeitlichen Rahmen sprengen. Herr
Professor Schulze hat bereits einige der berühmten sächsischen Ärzte genannt,
die unter anderem in Dresden-Friedrichstadt gewirkt haben. Gegenstand dieses
Ärztetages ist, aus einer hervorragenden Vergangenheit heraus in einer
herausfordernden Gegenwart die Weichen für die Zukunft zu stellen. Diese
Weichen, die für die Zukunft zu stellen sind, sind aufgrund verschiedener
Einflüsse sehr herausfordernd. Das Thema der Demografie wird derzeit überall
diskutiert. Es ist letztendlich ein Thema, das ganz langsam und schleichend zu
uns gekommen ist. Wir müssen uns diesen Herausforderungen stellen.
Es ist ein Thema, das natürlich
volkswirtschaftlich und gesundheitswirtschaftlich gesehen schwierig zu meistern
ist. Wir in Dresden haben zurzeit das Glück, dass wir ein klein wenig gegen den
Trend wirken. In Dresden ist die Bevölkerungsentwicklung positiv. Das ist
einerseits dem Umstand geschuldet, dass wir im Jahr 2006 zum ersten Mal seit 40
Jahren einen Überschuss der Lebendgeburten über die Sterbefälle in Dresden
hatten. Das darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass ein großer Teil
des Zuwachses der Dresdener Stadtbevölkerung dem Umstand geschuldet ist, dass
die Menschen aus dem sächsischen Umland nach Dresden ziehen. Aber ich glaube,
Herr Ministerpräsident, dass wir uns einig darin sind, dass es besser ist, die
Menschen ziehen aus der Oberlausitz nach Dresden als ganz aus Sachsen weg. Der
gesamte Freistaat ist so schön, dass die Menschen nicht nur in Chemnitz,
Leipzig oder Dresden wohnen sollen.
Wir glauben, für die Stadt Dresden
im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit wichtige Weichenstellungen vorgenommen zu
haben. Eine dieser Weichenstellungen war vor einigen Jahren die Entschuldung
der Stadt. Aus dem unmittelbaren kommunalen Haushalt wurden alle Schulden
getilgt. Wir können das Geld, das wir bis dahin für Zins- und
Tilgungsleistungen aufwenden mussten, nunmehr investieren. Leider gibt es
aktuelle Entwicklungen, die nicht vorrangig von Dresden geprägt sind, die das
etwas schwierig machen. Ich will damit nur verdeutlichen, dass es ein wichtiges
Thema jeglicher Zukunftsdiskussion ist, welche Aufgaben wir jetzt meistern und
welche Aufgaben wir an zukünftige Generationen weitergeben. Meine vier Kinder –
das älteste Kind ist inzwischen 16 Jahre alt – sind noch nicht so in die
Diskussion eingestiegen, dass sie mir ständig die Frage stellen: Wie
funktioniert das mit den Schulden? Je größer die Schlagzeilen in den Zeitungen
darüber werden, was heutzutage alles über Schulden finanziert wird, desto
stärker wird die Nachfrage. Hier erleben wir ein sehr schwieriges
Spannungsfeld, das wir meistern müssen.
„Schuldenfrei“ heißt natürlich noch
nicht „reich“, auch wenn es durchaus ein Ziel ist, vielleicht etwas
wohlhabender zu werden. Ich glaube, das ist ein Punkt, der jegliche
Haushaltspolitik besonders prägt. Gerade wenn man das Ziel hat, einen solchen
Status zu erhalten, ist das Setzen von Prioritäten eine ganz besondere Aufgabe.
Herr Bundesgesundheitsminister, ich beneide Sie nicht um die vielen
Veranstaltungen, auf denen die Vertreter unterschiedlicher Interessengruppen
ihre persönliche Vorstellungen von einer gelungenen Gesundheitsreform
präsentieren. Jeder glaubt, ein Patentrezept zu haben. Aber in dieses Thema
will ich nicht weiter einsteigen, sondern nur den kleinen Schlenker machen,
dass wir als Träger von zwei städtischen Krankenhäusern – in Dresden-Neustadt
und in Dresden-Friedrichstadt – natürlich hoffen, dass leistungsfähige
kommunale Krankenhäuser in der künftigen Gesundheitswirtschaft in Deutschland
dabei sind;
(Beifall)
denn gerade das eben angesprochene
Thema der medizinischen Ethik ist eines, dass mich schon sehr bewegt. Wir
möchten uns dem Wettbewerb stellen. Der Wettbewerb ist aber nicht nur ein
ökonomischer, er ist auch ein medizinischer und ein ethischer. Wir sind gut
aufgestellt und frohen Mutes, dass wir es schaffen.
Ich gehe davon aus, dass Sie sich
in den vergangenen Tagen auch mit der Frage beschäftigt haben, was Sie außer
dem Tagungsprogramm machen, wenn Sie in Dresden sind. Ich darf mich sehr
herzlich bei den Organisatoren dafür bedanken, dass sie ein so intensives
Programm gestrickt haben, dass niemand wirklich alles schaffen kann. Genau das
wünschen wir uns, dass Sie mit diesem einen Besuch nicht alle Programmpunkte
abgearbeitet haben, sondern dass Sie Ihren Rückweg dazu nutzen, sich zu
überlegen, wann und mit welchen Freunden und Verwandten Sie das nächste Mal
nach Dresden, nach Sachsen kommen und uns wieder mit Ihrer Anwesenheit
erfreuen.
Ihrer Tagung wünsche ich einen
guten Verlauf.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall)
(Musikalisches Intermezzo: Johnny Green:
Jazzballade „Body and Soul“)
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