TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 11. Mai 2010, Nachmittagssitzung

Grauduszus, Nordrhein: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt ganz schnell sprechen, aber das werde ich nicht tun. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass Sie, Herr Professor Hoppe, eine langjährige Amtsführung aufzuweisen haben. Ich möchte etwas Wasser in den Wein gießen. Es gab vor einem knappen Jahr einen Regierungswechsel. Wenn wir glauben, dass jetzt ein Politikwechsel eintritt, müssen wir sehr aufpassen. Eben hat ein Kollege schon auf die Probleme der Belegärzte hingewiesen. Es gibt Probleme, die wir vor Ort haben.

Wir als Parlament der Ärzteschaft müssen den Ärztinnen und Ärzten in Deutschland zeigen, dass es unverzichtbare Positionen gibt, bei denen wir nicht locker lassen. Auch wenn wir jetzt vielleicht einen Befürworter in der Politik, im Ministerium haben, so gibt es doch eine Gruppe, die Allokation betreibt, damit wir als Ärzte nicht mehr die Rolle spielen, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Das merken die Krankenhausärzte, das merken wir niedergelassene Ärzte.

Die Begriffe „Ökonomie“ und „Wettbewerb“ werden völlig missbraucht. Was wir heute als sogenannten Wettbewerb erleben, ist kein Wettbewerb, sondern das ist Verdrängung in allen Bereichen. Es geht darum, Geschäfte zu machen, um nichts anderes.

(Beifall)

Wir müssen doch sehen, dass die Berufsordnung zur Makulatur wird. In der Berufsordnung steht, dass wir als Ärzte von Nichtärzten in medizinischen Belangen keine Anweisungen entgegennehmen müssen. Das ist heute nicht mehr die Realität. Unsere Aufgabe wird es in den nächsten Jahren sein, dafür zu sorgen, dass das wieder zurückgeführt wird. Wir können unseren Patienten nur dann gerecht werden, wenn wir in unserer Entscheidung unabhängig sind, unabhängig auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Die heutige Abhängigkeit von Geschäftsführungen, von der Obrigkeit, von der Politik, vom Staatsapparat, insbesondere von den Kostenträgern ist unzumutbar. Die Konzerne stehen in den Startlöchern, um uns in die Zwinge zu nehmen. Wir müssen aufpassen, dass diese Lobby die Politik nicht so instrumentalisiert, dass wir auf der Strecke bleiben.

Ich möchte Sie auffordern, nicht zu glauben, wir hätten jetzt eine Zeit, in der alles gut enden wird. Wenn wir nicht bereit sind, zu kämpfen und definitiv zu sagen, wohin es mit der ärztlichen Versorgung der Patienten und dem ärztlichen Beruf gehen soll, dann werden wir auf der Strecke bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Grauduszus. – Der nächste Redner ist Herr Professor Dietrich aus Bayern. Bitte schön.

© Bundesärztekammer 2010