Dr. Metke,
Baden-Württemberg: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erlaube mir,
noch einmal Stellung zu nehmen zum Thema Selektivverträge. Herr Präsident Crusius
scheint zu einer Hatz von den Bad Banks zu den Bad Boys der Selektivverträge zu
blasen. Herr Crusius stellt sich hier hin und sagt: Selektivverträge sind das
Ende der ärztlichen Selbstverwaltung, der ärztlichen Gemeinschaft. Ich möchte
diese Feststellung aufs Allerschärfste zurückweisen und folgende drei Punkte
anführen.
Erstens. Die Selektivverträge sind
gekommen, weil der Staat das Kollektivrecht der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung und der KVen abschaffte. Es waren nicht die Kollegen, die
jetzt in den Selektivverträgen tätig sind, die das herbeigeführt haben, sondern
das war der Gesetzgeber, der Deutsche Bundestag. Wenn wir heute mit viel Pathos
bei der Eröffnungsveranstaltung gehört haben, dass die ärztliche
Freiberuflichkeit erhalten werden muss und Aktiengesellschaften daran gehindert
werden sollen, das medizinische Geschäft zu machen, dann ist es doch geradezu
Aufgabe der Ärzte, in die politische Lücke der Selektivverträge zu stoßen,
statt das anderen zu überlassen. Das heißt, es ist die ureigene Pflicht von uns
Ärzten, die gesetzliche Lücke auszufüllen. Es ist die Aufgabe der
Körperschaften, für den Arzt in diese Lücke einzutreten, statt gegen diese
Lücke zu hetzen. Das ist die Realität, in der wir hier leben.
(Beifall)
Zweitens. Es ist bei Teilen der
Funktionäre – damit meine ich nicht die hiesigen, sondern die der KBV – eine
Perversion des Denkens eingetreten. Aufgabe von uns Funktionären ist, darauf zu
achten, dass die ärztliche Praxis und der Arzt im Krankenhaus überleben und damit
die Patientenversorgung sichergestellt ist. Geschaut wird aber nur darauf, ob
etwas gut ist für die KBV oder diese und jene Institution. Gut ist, was dem
Arzt und damit der Patientenversorgung nutzt, nicht irgendeiner Institution.
Das ist ärztliche Politik für Ärzte und sonst gar nichts!
(Beifall)
Die Ärzte, die in das
Selektivvertragssystem gehen, überleben damit in der eigenen Praxis. Wir können
in den Rahmenbedingungen eines KV-Systems nicht mehr arbeiten. Wenn der
Allgemeinarzt in Baden-Württemberg ein Budget von 35 Euro als
Regelleistungsvolumen hat und er dafür im Quartal zwölfmal einen Sterbenden im
Altenheim besuchen muss, bekommt er pro Besuch 2,99 Euro. Das ist eine
Ausgestaltung der Verhältnisse gegen den Patienten. So kann die Patientenversorgung
nicht mehr weiter existieren. Deswegen brauchen wir Selektivverträge.
(Beifall)
Drittens. Herr Crusius, es ist doch
völlig wurscht, ob Sie einen Patienten als Privatpatienten, als
Krankenkassenpatienten, als berufsgenossenschaftlichen Patienten oder als
Selektivpatienten abrechnen. Wo ist denn da eine Spaltung der ärztlichen
Gemeinsamkeit gegeben? Hier wird doch ein Phantom in die Welt gesetzt. Wer den
Versuch der Ärzte, die Praxis zu erhalten, die Freiberuflichkeit und damit die
Patientenversorgung zu erhalten, als etwas Schlechtes abstempelt, verliert
seine Legitimation, Ärzte zu vertreten. Er wird als Kammer genauso im
politischen Aus landen wie die KV, die das nicht kapiert hat. Kehren Sie zur
Realität zurück, statt einzelne Gruppen auszugrenzen und zu verleumden!
Vielen Dank.
(Beifall – Zurufe)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Danke schön. Jetzt kommt Leben in die Bude. – Der nächste Redner
ist Herr Wieland Dietrich aus Nordrhein.
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