TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Mittwoch, 12. Mai 2010, Nachmittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Der nächste Antrag auf eine zweite Lesung kommt von Herrn Windau, der damit den Antrag I-11 meint.

Dr. Windau, Sachsen: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um eine zweite Lesung zum Antrag I-11. Ich möchte das kurz begründen. Ich muss unseren Präsidenten korrigieren: Der Antrag ist deutlich weiterführend als der Antrag von Frau Haus, weil hier nicht nur gefordert wird, diesen unsäglichen Paragrafen zur Über- und Unterversorgung in der jetzigen Form zu streichen, sondern weil im zweiten Absatz klar gefordert wird, dass die bisherige Regelung, die bis zum 31. Dezember 2009 galt und aus dem SGB V gestrichen wurde, wieder gilt. Die zweite Regelung soll es uns ermöglichen, dass wir über den Ausschluss der Ärzte und Krankenkassen gezielt in unterversorgten Gebieten Fördermaßnahmen durchführen können.

Meine Damen und Herren, wenn wir das nicht tun, werden uns sämtliche Instrumente genommen, in unterversorgten Regionen rechtssicher zu fördern. Das tut uns nicht weh, denn das zahlen die Krankenkassen und die KVen je zur Hälfte. Das muss sein.

Ich bitte Sie, Folgendes zu überlegen: Es gibt einen Beschluss des Bewertungsausschusses gegen die Ärzteschaft. Es geht ja gar nicht darum, die Tatsache der Über- oder Unterversorgung, die im Sozialgesetzbuch rechtlich verankert ist, wegzunehmen, sondern die Auswirkungen. Der Beschluss vom 2. September bedeutet, dass 77 228 Haus- und Fachärzte, Psychotherapeuten und Kinderärzte in diesem Lande Geld verlieren werden, und zwar über 1 Milliarde Euro. Das ist eine Zahl, die das Institut beim Bewertungsausschuss ausgerechnet hat. Es kommen 55 Ärzte – 55, nicht 55 000 – in den Genuss einer Förderung.

Ich glaube, wenn wir das als Signal nach außen geben, dass wir freiwillig 1 Milliarde Euro aus der gesamten ambulanten Vergütung für Haus- und Fachärzte herausgehen lassen, ohne dagegen zu protestieren, wird man uns ernstlich fragen, ob wir wissen, worüber wir entscheiden.

(Vereinzelt Beifall)

Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich, eine zweite Lesung zuzulassen. Stimmen Sie den Dingen zu. Hier soll niemandem Geld weggenommen werden, sondern wir wollen, dass kein Geld aus der haus- und fachärztlichen Versorgung herausgezogen wird.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine emotionale Bemerkung. Wenn dieses Gesetz so, wie es beschlossen ist, bestehen bleibt und nicht abgeschafft wird, haben wir in Sachsen von heute auf morgen 114 Kinderärzte, die unter die Überschrift „Überversorgung“ fallen. Wollen wir dieses Eigentor schießen? Ich bitte darum: Besinnen Sie sich.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Windau. Ich habe Ihren Antrag doch gelobt. Ich habe gesagt, er sei viel ausdifferenzierter. Aber wie dem auch sei.

Möchte jemand Herrn Windau widersprechen, also gegen die zweite Lesung sprechen? – Das ist nicht der Fall. Wer ist für eine zweite Lesung? – Das brauchen wir nicht auszuzählen; das ist klar. Es findet eine zweite Lesung statt. Herr Windau hat eben eine Begründung vorgetragen. Möchte jemand gegen die Begründung von Herrn Windau, die er zu seinem Antrag abgegeben hat, sprechen? – Das ist nicht der Fall. Wer ist für den Antrag I-11? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag jetzt mit deutlicher Mehrheit angenommen.

(Beifall)

Sehen Sie, so vernünftig sind wir.

Damit haben wir Tagesordnungspunkt I bewältigt. Vielen Dank. Es war eine erfolgreiche Arbeit.

(Beifall)

© Bundesärztekammer 2010