Dr. Jonitz, Vorstand der
Bundesärztekammer: Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die gesundheitspolitische Diskussion gewinnt derjenige, der glaubhaft Anwalt
der Patientenversorgung ist. Um glaubhaft zu sein, brauchen wir mehr als
persönliches Erleben und mehr als Anekdoten. Wäre das persönliche Erleben
allein ausreichend, wäre der gesunde Menschenverstand – der, wie wir alle
wissen, eigentlich gleich verteilt ist, in Wirklichkeit aber doch nicht –
ausreichend, wäre die Gesundheitspolitik der Ärzteschaft eine Erfolgsstory. So
ist es aber nicht. Um Glaubwürdigkeit herzustellen, brauchen wir Fakten. Um
Fakten darzustellen, brauchen wir Daten. An diesen Umständen kommen wir leider
nicht vorbei.
Dass wir das sehr, sehr gut können,
hat vor fünf Jahren eine Gruppe von Fachleuten aus dem ambulanten Bereich, aus
dem stationären Bereich, aus Theorie und Praxis wunderbar bewiesen. Deswegen
möchte ich Sie bitten, den Anträgen 01, 02 und 04 zuzustimmen, dem Antrag 03
aber nicht zuzustimmen. Wenn wir dem Antrag 03 zustimmen, kegeln wir uns
automatisch aus der Diskussion heraus.
Ich weiß nicht, ob Sie noch die
gezeigte BMBF-Studie in Erinnerung haben. Da geht es um richtig viel Geld.
Schauen Sie sich an, wer mit diesem Geld arbeitet: das Forschungsministerium,
die gesetzlichen Krankenversicherungen und die PKV. Wir dürfen bis dato an diesem
Projekt noch nicht teilnehmen. Glauben Sie etwa, dass dort Forschung
stattfindet, die uns zugute kommt, wo wir die Themen bestimmen? Das ist
definitiv nicht der Fall.
Wir brauchen als Kammern
Routinedaten für ganz andere Bereiche. Wir brauchen Routinedaten für die Fragen
der Bedarfsplanung. Wir werden die Weiterbildungsordnung neu auf die Füße
stellen können, wenn wir wissen, welche Krankheiten, welche Eingriffe wo wie
häufig sind. Auch die Fortbildung kann sehr stark von solchen Daten
profitieren.
Das kostet selbstverständlich Geld.
Auch wir arbeiten nicht umsonst. Warum sollten es diejenigen tun, die von uns
beauftragt werden?
Um vielleicht noch ein paar
Skeptiker zu überzeugen, lese ich aus einem Brief der Bundesministerin der
Justiz, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, an den sehr geehrten Herrn
Rösler vor:
… ist mir deutlich geworden,
dass unser gemeinsames Anliegen zu einer qualitätsorientierten Verbesserung der
Gesundheitsversorgung auch durch eine breitere Verwendung der sogenannten Routinedaten
gefördert werden kann. Wie Sie wissen, werden diese Daten vor allem in der
ambulanten und der stationären Versorgung erhoben, derzeit aber von den
gesetzlichen Krankenkassen in erster Linie zu Wettbewerbszwecken verwendet. Bei
einer qualitätsorientierten Leistungssteuerung, etwa durch eine gezielte
Versorgungsforschung, stehen sie nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung.
Bitte prüfen Sie auch, inwieweit die Ärztekammern in diese breitere Verwendung
der Routinedaten einbezogen werden können.
Ich fordere gleich lange Spieße für
die Ärzteschaft. Ich möchte nicht keinen Zugang zu den Daten haben, die auch
die Krankenkassen haben.
Vielen Dank.
(Beifall)
Vizepräsidentin Dr. Goesmann:
Vielen Dank, Herr Jonitz. – Als nächster Redner Herr Botzlar aus Bayern.
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