TOP II: Versorgungsforschung

Donnerstag, 13. Mai 2010, Vormittagssitzung

Bartels, Nordrhein: Sehr geehrte Vizepräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich war ausgesprochen erfreut, bei diesem Thema der Versorgungsforschung nicht nur Leitlinien, sondern auch eine sehr umfangreiche Arbeit über die Arbeitsbedingungen und das Befinden von Ärzten zu sehen. Ich finde, dass ein Schwerpunkt der Aufgabe der Bundesärztekammer darin liegt, das Patient-Arzt-Verhältnis und die Beziehung zwischen Arzt und Gesundheit zu betrachten. Als Nervenärztin und Psychotherapeutin seit 30 Jahren sehe ich in den letzten Jahren zunehmend Kollegen, die krank sind, die einen Burn-out haben, die suizidal sind, um die ich mir Sorgen mache. Ich denke, dort ist ein weites Feld, wo wir uns für die Arztgesundheit einsetzen müssen.

(Beifall)

Erlauben Sie mir bitte kurz noch einen zweiten und dritten Punkt. Als engagierte Sprecherin für ein Ärztenetz am Eifelnordrand habe ich bezüglich der Versorgungsstruktur auch dort einen Schwerpunkt erlebt. Als mein Mann und ich vor 23 Jahren dorthin gezogen sind, hat uns die KV für bekloppt erklärt. Die Kassen wollten uns kein Geld dafür geben. Wir haben in den letzten gut 20 Jahren ein intaktes Ärztenetz mit zwölf Fachärzten und neun Allgemeinmedizinern etabliert. In den letzten zwei Jahren bekomme ich keine Kollegen mehr, die Praxissitze übernehmen wollen. Das heißt, wenn ich in neun oder zehn Jahren aufhöre, habe ich die Befürchtung, dass es dann wieder genauso aussieht wie vor 25 Jahren. Dann gibt es keine intakte ärztliche Versorgung mehr, sondern nur einen Hausarzt, der in fünfter Generation dort sitzt.

(Vereinzelt Beifall)

Mein dritter Punkt betrifft dieses unglückliche Wort von der Feminisierung in der Medizin. Ich hätte mir eine Versorgungsforschung gewünscht, die außer den uns bekannten offensichtlichen Faktoren, warum die Männer das Medizinstudium nicht mehr aufnehmen, untersucht, wie denn die Frauen unter günstigen Bedingungen weiterarbeiten können. Ich kann es bald nicht mehr hören, dass Frauen in MVZs als angestellte Ärztinnen arbeiten wollen.

(Beifall)

Ich kenne viele Frauen, die in den letzten Jahrzehnten in eigener Praxis gearbeitet haben. Dafür brauchen wir eine neue Struktur, damit die Frauen so arbeiten können, dass sie zufrieden sind.

(Beifall)

Es kommt mir so vor, als seien wir die Trümmerfrauen des Gesundheitssystems. Und dazu wollen wir uns nicht hergeben!

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Vielen Dank, Frau Bartels. Das machen wir nicht; das stimmt. Danke für Ihre Anregungen, die wir aufnehmen.

Es folgt jetzt Herr Professor Haubitz aus Niedersachsen.

© Bundesärztekammer 2010