TOP II: Versorgungsforschung

Donnerstag, 13. Mai 2010, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Griebenow, Nordrhein: Frau Vizepräsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, fünf Jahre nach dem Start der Förderinitiative kann man zunächst einmal positiv festhalten, dass die Arbeit auf ein breites Echo gestoßen ist. Es ist gelungen, sämtliche Themenfelder zu besetzen. Das Echo kam insbesondere aus dem Bereich der Universitäten. Ich glaube, allein das ist schon ein sehr großer Erfolg, wenn man bedenkt, dass auch heute noch Lehrstühle eher mit einem Molekularforscher als mit einem Kliniker besetzt werden. Ich glaube, es ist sehr positiv, dass in den Universitätskliniken dieses Interesse an der Versorgungsforschung besteht.

So viel zur positiven strategischen Bewertung. Bei der inhaltlichen Bewertung sind aus meiner Sicht zwei Fragen zu klären: Erstens. Ist in diesen Vorhaben etwas reproduziert worden, was bereits an anderer Stelle bearbeitet und möglicherweise auch bereits beantwortet worden ist? Zweitens. Haben diese Untersuchungen wirklich die letzte Wurzel, die letzten Gründe freigelegt, warum Dinge sind, wie sie sind? Um in der Sprache von Herrn Botzlar zu sprechen: Sind dort weitere Haselnüsse von den vielen auf dem Boden des Waldes gefunden worden oder ist man zu den Trüffeln in der Tiefe der Erde vorgedrungen?

Ich möchte ein Beispiel nennen. Im Rahmen einer Studie sind 240 Patienten mit Herzinsuffizienz untersucht worden. Das ist sicherlich zunächst einmal eine Haselnuss und bleibt eine Haselnuss, weil beispielsweise das Würzburger Herzinsuffizienzregister bereits drei- bis viermal mehr Patienten untersucht hat. Wir in Nordrhein überschauen aus dem Disease-Management-Programm „Koronare Herzkrankheit“ etwa 15 000 herzinsuffiziente Patienten.

In dieser Untersuchung ist weiterhin geprüft worden, ob ein Remindersystem die Verordnungshäufigkeiten positiv beeinflusst hat. Das war der Fall. Das addiert einen weiteren positiven Befund zum Einsatz von Remindersystemen in einer insgesamt schon bekannten heterogenen Datenlage zum Einsatz solcher Systeme zwecks Steigerung der Therapieeffektivität.

Wie muss man sich nun vorstellen, wie der Trüffel an dieser Stelle aussehen könnte? Ich glaube, es wird keinen Trüffel geben, wenn wir ihn uns nicht selber züchten. Das Interessante ist: Gleichgültig ob Sie die erwähnten 240 Patienten nehmen oder die 15 000 Patienten aus Nordrhein, es bleiben immer 20 bis 30 Prozent übrig, die nicht leitliniengerecht therapiert werden. Die Frage stellt sich: Warum ist das so? Liegt es am Arzt? Hat er es vergessen? Weiß er es nicht? Liegt es am System, weil die Therapie vielleicht zu teuer ist? Oder liegt es am Patienten?

Ich glaube, nach der Phase der unspezifischen Einladung muss jetzt die Phase kommen, in der wir die Projekte mit konkreten Fragen behaften. Anderenfalls werden sie sozusagen nicht genehmigt. Dazu wird die integrierte Betrachtung unter Einschluss des wirtschaftlichen Aspekts und des Patienten, insbesondere der Patienten-Compliance, gehören.

Schönen Dank.

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Vielen Dank, Herr Griebenow. – Als nächster Redner Herr Professor Schwantes aus Brandenburg.

© Bundesärztekammer 2010