Dr. Bartmann, Referent:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Professor Fuchs hat
zu Beginn des Ärztetages darauf hingewiesen, dass Herr Dr. Koch
krankheitsbedingt kurzfristig leider absagen musste. Herr Koch hat mich als
seinen Stellvertreter gebeten, zu diesem Thema der Überarbeitung der (Muster-)Weiterbildungsordnung
vorzutragen. Wir haben ja das Konstrukt, dass ich ihn in den
Weiterbildungsgremien vertrete, er ist dafür mein Vertreter in den
Fortbildungsgremien; wir wollen diese beiden Bereiche als eine Einheit verzahnt
sehen. Herr Koch lässt Sie alle ganz herzlich grüßen. Er hatte noch bis vor
wenigen Tagen die Hoffnung, dass er heute hier sein könnte. Das geht nun leider
nicht.
Ich denke, Sie schließen sich an,
wenn ich vorschlage, diese Grüße mit den besten Genesungswünschen nach Nürnberg
zurückzubeamen.
(Beifall)
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
gelegentlich habe ich in den letzten Tagen Stimmen gehört, die sinngemäß
fragten: Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Evaluation der Weiterbildung an
den Anfang zu stellen und darauf aufbauend die beabsichtigten Änderungen
vorzutragen? Die Antwort darauf ist ganz einfach und eindeutig: Erstens. Die
Zahlen zur Evaluation sind erst nach Abschluss der jahrelangen und mühsamen
Gremienarbeit erhoben und veröffentlicht worden. Sie konnten überhaupt noch
keinen Eingang finden.
Zweitens. Eine grundsätzliche
Neufassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung, die erlauben würde, derartiges
Zahlenmaterial einzubringen, ist in der Tat nicht vorgesehen. Wir diskutieren
heute hier ausschließlich über eine Anpassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung
in ihrer Fassung von 2003 in einzelnen Punkten unter Beibehalt der damals
beschlossenen Systematik.
Dies ist, wie ich Ihnen im
Folgenden darstellen werde, bereits schwierig genug. Aber eine Novellierung ist
da noch einmal von einer anderen Größenordnung und Tragweite. Von daher geht
die Reihenfolge, wie sie im Programm steht, durchaus in Ordnung. Betrachtet man
die Entwicklung der (Muster-)Weiterbildungsordnung in den letzten 30 Jahren, so zeigt sich, dass die zeitlichen
Abstände zwischen den Novellierungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung
konstant bei etwas mehr als zehn Jahren liegen. Das ist insofern konsequent,
als bei einer Regelweiterbildungszeit von fünf bis sechs Jahren und der durchaus
verzögerten Einführung in den einzelnen Landesärztekammern eine kürzere
Haltbarkeitsdauer gleichbedeutend wäre mit einer erneuten Änderung, bevor
überhaupt ein kompletter Weiterbildungsgang über alle Ärztekammern nach der
jeweils gültigen Weiterbildungsordnung abgeschlossen wäre. Die Folge wären ein
unabsehbares Chaos und ein verständliches Unverständnis aufseiten aller
Betroffenen.
Der sehr kurze Zeitraum zwischen
1987 und 1992 ist der Wiedervereinigung geschuldet, der uns damals auch eine
Vielzahl neuer Bezeichnungen beschert hat.
Bei jeder Novellierung der
(Muster-)Weiterbildungsordnung, sowohl in der Vergangenheit als auch zukünftig,
stellt sich die Frage nach der grundsätzlichen und/oder zeitgemäßen Systematik.
Insbesondere wurden wiederholt die unter den Stichworten Bildungsordnung und
Berufsausübungsordnung zusammenzufassenden Aspekte nicht zuletzt auch unter
ordnungspolitischen Gesichtspunkten durchaus kontrovers diskutiert.
Bei der letzten Novellierung der
(Muster-)Weiterbildungsordnung im Jahre 2003 bestand Einigkeit darüber, dass
die (Muster-)Weiterbildungsordnung eine Bildungsordnung darstellt und die
Berufsausübung über die Berufsordnung geregelt wird. Dies ist grundsätzlich
richtig, hat jedoch auch zur Folge, dass sich der Konflikt zwischen Sozialrecht
und Berufsrecht, der im Keim bereits auf die Novellierung von 1992 zurückgeht,
weiter verschärft hat.
Letztendlich hat sich im Laufe der
Zeit ein paralleler Regelkreis entwickelt, dessen Inhalte von Trägern des
Sozialrechts, insbesondere dem Gemeinsamen Bundesausschuss, aber auch von der
KBV und mittelbar von den neu entstandenen Qualitätssicherungsabteilungen
innerhalb der KVen bestimmt und überwacht werden.
Damit werden natürlich auch die
Wünsche der Ärztinnen und Ärzte, meist durch Fachgesellschaften und
Berufsverbände an uns herangetragen, völlig verständlich, die zurück möchten
zur sehr kleinteiligen Aufzählung von Weiterbildungsinhalten in der
Weiterbildungsordnung, wie zum Beispiel in der (Muster-)Weiterbildungsordnung
1992. Dies konterkariert andererseits dann wieder die Bemühungen, die
Weiterbildung bis zur Facharztanerkennung glaubwürdig, praktikabel, transparent
und reliabel zu gestalten.
(Vereinzelt Beifall)
Weitgehende Einigkeit bestand vor
2003 auch darüber, dass die inhaltliche Dimension Vorrang gewinnen sollte vor
der zeitlichen. Sie wissen: Traditionell wird in Deutschland Weiterbildung als
ein Produkt der täglichen ärztlichen Arbeit verstanden; ganz ursprünglich so,
dass nach einer gewissen Zeit, die man bei einem Meister verbracht hat, die
Facharztreife bescheinigt wurde. Das hat sich durch die Novellierung zunehmend
fokussiert auf einen mehr inhaltlichen Bestandteil. Ein erstes Signal hierzu
war die Streichung einer kleinlichen Regelung im Hinblick auf Anerkennungs-
bzw. Aberkennungszeiten zum Beispiel im Krankheitsfall.
Diese
grundsätzlichen Fragen verlangen nach einer gründlichen Analyse vor allem auch
im Hinblick auf beim ersten Hinsehen nicht erkennbare Implikationen und
unerwünschte Nebenwirkungen. Das Ergebnis muss jedenfalls eine neue Systematik
in der Weiterbildung sein, die den derzeitigen Arbeitsbedingungen an den
Krankenhäusern und in den Praxen, vor allem aber auch der permanenten
Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsverfahren und -methoden gerecht
wird.
Immer wieder hat sich in den
Gremiendiskussionen der vergangenen Jahre gezeigt, dass ein modulares
Weiterbildungssystem auch mit der Möglichkeit des berufsbegleitenden Erwerbs
einzelner Bausteine am besten geeignet erschiene, viele der derzeitigen
Probleme zu beheben.
Für die jetzt zur Abstimmung
anstehende Überarbeitung der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 konnten und
sollten diese grundsätzlichen Fragen allerdings noch keine Rolle spielen. Das
heißt, die jetzige Überarbeitung der (Muster-)Weiterbildungsordnung ist als
Parallelprozess zur nächsten Novellierung zu sehen.
Was soll nun diese Überarbeitung
erreichen? Die medizinische Entwicklung nimmt – Gott sei Dank, möchte ich sagen
– keine Rücksicht auf eine bürokratische Ordnung. Zwangsläufig sind bereits
während eines laufenden Entscheidungsprozesses einzelne Teilaspekte schon zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens wieder überholt. Spätestens 2007 wurde der daraus
resultierende Druck aus den Fachverbänden und Fachgesellschaften, aber auch aus
den Erfahrungen der mit der Umsetzung befassten Ärztekammern so groß, dass vom
Vorstand der Entschluss zu einer Überarbeitung der
(Muster-)Weiterbildungsordnung gefasst wurde.
Nach vorbereitender Beratung in den
Weiterbildungsgremien erteilte der Vorstand deshalb den Auftrag, bundesweit
relevanten Änderungsbedarf, welcher aufgrund der Erfahrungen bei der Umsetzung
der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 gemacht wurde, auf Bundesebene
zusammenzutragen, zu bündeln und für die Beratung auf dem Deutschen Ärztetag
vorzusehen.
Für diese Überarbeitung der
(Muster-)Weiterbildungsordnung wurde erstmals das zwischen der
Bundesärztekammer und den Landesärztekammern vereinbarte sogenannte zweistufige
Normsetzungsverfahren angewendet, das dadurch erforderlich schien, weil es
hochproblematisch war, dass die Emissäre der einzelnen Landesärztekammern in
den Ständigen Konferenzen – das betrifft nicht nur die Weiterbildungsordnung –
nicht immer die Diskussion bzw. das Votum in ihrer Kammer widerspiegelten.
Dadurch, dass nicht einzelne Entscheider, sondern die gesamte Kammer redundant
immer wieder in diesen Prozess eingebunden ist, sollte erreicht werden, dass am
Ende dieses Beratungsverfahrens ein Entschluss steht, der von Ihnen getragen
werden kann.
Das bedeutet natürlich nicht, dass
in allen Punkten Konsens erzielt wird. Auch das zweistufige
Normsetzungsverfahren setzt einen demokratischen Entscheidungsprozess voraus,
der Mehrheitsentscheidungen akzeptieren muss.
Es gab eine einzige Ausnahme, auf
die ich Sie ausdrücklich hinweisen möchte. Aus berufspolitischen Gründen und
aufgrund der bekannten „Vorgeschichte“ hat der Vorstand der Bundesärztekammer
die Beratung der Allgemeinmedizin von diesem Verfahren ausdrücklich
ausgenommen. Die entsprechenden Beschlüsse wurden zunächst im Vorstand der
Bundesärztekammer gefasst. Aber auch dort ist die Entscheidung natürlich nicht
am „grünen Tisch“ gefallen, sondern ist das Ergebnis der Beratungen der
Auseinandersetzungen mit den beteiligten Berufs- und Fachverbänden in einem
sehr, sehr hartnäckigen und bis zum Schluss spannenden Beratungs- und
Verhandlungsprozess.
Das Ergebnis ist in den Ihnen
vorliegenden Vorstandsantrag III-01 eingearbeitet. Nun einige Worte zum Ablauf
der Überarbeitung. Sowohl die Landesärztekammern als auch 195 Berufsverbände
und Fachgesellschaften wurden Ende 2007, also unmittelbar nach dem
Vorstandsbeschluss, bzw. Anfang 2008 aufgefordert, bestehenden Änderungsbedarf
in ihrem Bereich aus fachlicher oder berufspolitischer Sicht zunächst in ihren
maßgeblichen Fachgremien zu beraten, dort möglichst zu einer
Konsensentscheidung zu finden und diese dann als Änderungsvorschlag an uns
weiterzuleiten. Das hat mehr oder weniger gut funktioniert. Wir haben aus
einzelnen Fachgesellschaften und Berufsverbänden die Arbeitsergebnisse aus den
Gremien erhalten, die den Gesamtumfang der (Muster-)Weiterbildungsordnung bei
Weitem überstiegen. Das ging bis zu kurzen Kommentaren, die einfach nur
bestimmte Punkte geändert haben wollten.
Es war nicht so, dass das zustande
gekommene Votum bis zum Ende der Beratungen Gültigkeit hatte, sondern wir
mussten trotz dieses Konsensprozesses innerhalb der Fachgesellschaften und
Berufsverbände immer wieder einzelne Delegationen empfangen, die
Sonderinteressen aus ihren Bereichen bei uns vertreten wollten.
Wir hatten ausdrücklich dazu
aufgefordert, die schriftlichen Änderungsvorschläge sollten eine stichhaltige
Begründung über den Versorgungs- bzw. Regelungsbedarf enthalten und es sollten
je nach Art und Inhalt der Begründung für den Änderungsvorschlag die
Weiterbildungskapazitäten aufgezeigt werden.
Für diesen Prozess standen fünf
Monate zur Verfügung. Das scheint relativ wenig zu sein. Aber die Qualität der
Beratungen wächst nicht unbedingt mit der Zeitdauer, die zur Verfügung steht.
Fünf Monate waren aus unserer Sicht ein angemessener Zeitraum. Schon diese fünf
Monate waren für das Dezernat turbulent, gekennzeichnet durch viele Anfragen
und Rückfragen zum Verfahren, aber natürlich auch die Lobbyarbeit im Sinne
eines „work in progress“.
Was danach kam, stellte allerdings
alles bisher Dagewesene in den Schatten. Bis Ende Mai 2008 wurden zunächst alle
Änderungswünsche in der Bundesärztekammer gesammelt, inhaltlich gesichtet und
den entsprechenden Abschnitten der (Muster-)Weiterbildungsordnung zugeordnet.
Ende Mai standen somit alle sortierten
Änderungswünsche in insgesamt 13 breiten A4-Ordnern zur Beratung in den
Weiterbildungsgremien zur Verfügung.
Alle Änderungswünsche wurden in den
folgenden 12 Monaten zunächst im Arbeitsausschuss „Ärztliche Weiterbildung“,
teilweise in mehrtägigen Klausursitzungen, beraten. Während dieses Verfahrens
schwoll der Umfang des Schriftverkehrs auf fast das Doppelte an.
Änderungswünsche, die nach dem Ende
der Rückmeldungsfrist Ende Mai 2008 eingegangen sind, teilweise auch noch in
diesem Jahr, konnten wir in diesem Beratungsprozess nicht berücksichtigen. Dies
lässt sich anhand eines fiktiven Beispiels möglicherweise deutlich machen:
Mitte 2009 kommt der Änderungswunsch, dass eine Zusatzweiterbildung X
integraler Bestandteil eines Facharztes A werden soll. Die Facharztbezeichnung
ist aber schon abschließend beraten worden. Die Beratung der
Zusatzweiterbildung steht dagegen noch aus. Käme man diesem Änderungswunsch nun
nach, wäre die Beratung des Facharztes A zu wiederholen und im Kontext zu
anderen Gebieten, die diese Zusatzweiterbildung ebenfalls erwerben können, neu
zu bewerten.
Damit wäre man in der
Beratungsschleife wieder zurück auf Start geschickt worden. Das Ergebnis eines
derartigen Vorgehens kann sich wohl jeder von Ihnen ausmalen.
Diese nachträglich eingereichten
Änderungswünsche werden nicht vergessen, sondern wurden schon für weitere
Beratungen nach dem Deutschen Ärztetag zusammengestellt. Dies gilt im Übrigen
auch für die rechtzeitig eingegangenen Vorschläge. Nichts von dem, was virtuell
aus den Regalen im Dezernat 2 verschwunden ist, ist im Schredder oder in einer
ominösen Rundablage verschwunden.
Ich möchte dies exemplarisch einmal
anhand eines realen Vorgangs zu erläutern versuchen. Die chirurgischen
Weiterbildungsgremien hatten anfänglich eine komplette Verschmelzung der
Facharztbezeichnungen Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie vorgeschlagen.
Es gibt namhafte Zeugen hier im Saal, die bestätigen können, dass ich
persönlich bei der Novellierung 2003 dem Facharzt für Allgemeinchirurgie keine
lange Zukunft vorhergesagt habe. In der Zwischenzeit musste ich mich von der
Realität eines Besseren belehren lassen. Abgesehen von der
Notifikationsproblematik in Brüssel, die vielfach als Totschlagargument
verdächtigt wird, was sie aber faktisch nicht ist, gibt es in der derzeitigen
Versorgungslandschaft in Deutschland tatsächlich noch einen Bedarf an einem
Chirurgen, der in der Grundversorgung sowohl viszeralchirurgische als auch
unfallchirurgische Inhalte abdeckt. Das wird sich wohl auch in naher Zukunft nicht
ändern.
Gleichwohl halte ich nach wie vor,
auch als Chirurg, der selbst alle drei beteiligten Facharztbereiche abdeckt,
die Forderung aus berufspolitischer Sicht für berechtigt und richtig, aber eben
erst dann, wenn dies ohne Turbulenzen und Abstriche im Versorgungsgeschehen
möglich ist.
Dies ist nur ein Beispiel von
vielen und ich kann verstehen, dass ein Teil der Antragsteller mit der
Entscheidung der Weiterbildungsgremien nicht einverstanden ist. Ich kann auch
verstehen, dass man dann versucht, durch entsprechende Anträge hier vor dem
Ärztetag das Anliegen doch noch durchzusetzen. Aber ich bitte Sie eindringlich,
auch im Namen und im Sinne der Weiterbildungsgremien in Land und Bund, deren
jahrelange engagierte Arbeit an der Vorlage nicht zu konterkarieren durch
Beschlüsse, deren mittelbare und häufig sogar unmittelbare Folgen erst beim
zweiten oder dritten Hinsehen erkennbar werden.
(Vereinzelt Beifall)
Dies gilt natürlich erst
recht für Anträge, die heute neu gestellt werden, mit teilweise gravierenden
Folgen für die Gesamtsystematik. Für derart weitreichende Änderungen sollte
zwingend noch einmal die Chance zur vorherigen Konsentierung in den Gremien
eröffnet werden.
Wenn ich mir in diesem Zusammenhang
noch einen Insidertipp erlauben darf: Eine Vorstandsüberweisung ist der
kürzeste Weg, auf dem Ihr Anliegen unmittelbar wieder in den
Weiterbildungsgremien landet.
Die Beratungen des
Arbeitsausschusses „Ärztliche Weiterbildung“ wurden im Juni 2009 beendet und
das umfangreiche Gesamtpaket inklusive der Dokumentation der bisherigen
Beratungsschritte konnte den Landesärztekammern im Juli 2009 zur Beratung zur
Verfügung gestellt werden. Dies entspricht dem zweistufigen
Normsetzungsverfahren.
Die Landesärztekammern konnten sich
nun in internen Beratungen ihre Meinung dazu bilden und ihre Vertreterinnen und
Vertreter für die Sitzung der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“
entsprechend mandatieren.
Die Ständige Konferenz „Ärztliche
Weiterbildung“ bereitete im Dezember 2009 in einer dreitägigen Sitzung die
Beratung im Vorstand der Bundesärztekammer vor.
Selbst in dem Zeitraum zwischen
Dezember und dem Vorstandsbeschluss im Februar trafen immer noch
Änderungswünsche ein. Der Vorstand der Bundesärztekammer sah sich dabei in dem
Dilemma, im Einzelfall über Punkte entscheiden zu müssen, die nicht im
zweistufigen Normsetzungsverfahren beraten worden waren, aber gleichwohl über
einzelne Präsidenten als Voten der eigenen Kammer oder Initiativen einzelner
Berufsgruppen transportiert worden waren. In einem Fall, nämlich der
Zusatzbezeichnung Sozialpädiatrie, wurde dies durch Zurückstellung des
Anliegens gelöst, nachdem die Antragsteller von sich aus noch einmal Bedenken
hinsichtlich der Umsetzbarkeit deutlich gemacht hatten. Unkritische Änderungen
wie beispielsweise die Aufnahme der Fluoreszensangiographie in die
Augenheilkunde konnten übernommen werden, weil hierzu ein Prüfungsauftrag
vorgelegen hatte und damit auch diese Entscheidung bereits vorab durch die
Gremien legitimiert war.
Das Ergebnis der Vorstandsberatung
ist der vorgelegte Antrag zur Überarbeitung der (Muster-)Weiterbildungsordnung
auf Drucksache III-01.
Jetzt noch einige Hinweise. Wie in
Ihren Delegiertenunterlagen ersichtlich und auch von Professor Fuchs schon
erwähnt, stehen heute die Weiterbildungsinhalte nicht zur Abstimmung. Die
Überarbeitung der Richtlinien wird unmittelbar nach Aufarbeitung der heutigen
Beschlüsse in Angriff genommen.
Zu Anträgen, die im zweistufigen
Normsetzungsverfahren abschlägig beraten wurden und nun hier auf dem Deutschen
Ärztetag erneut gestellt wurden, habe ich mich bereits zuvor geäußert.
Gern nimmt das
Weiterbildungsdezernat der Bundesärztekammer unabhängig von dem, was bereits
vorliegt, Ihre Anregungen für eine nächste Überarbeitung oder Novelle von
bundesweiter Relevanz entgegen. Neben den bereits angeführten Gesichtspunkten
aus der ärztlichen Perspektive, insbesondere jener der Weiterzubildenden, sind
weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, und zwar zuallererst und an oberster
Stelle die möglichen Auswirkungen auf die Patientenversorgung. Hierbei können
und sollten wir auch auf Routinedaten aus der Versorgungsforschung, den
Qualitätsberichten der Krankenhäuser und Daten des Statistischen Bundesamts
zurückgreifen.
Auch die Möglichkeiten und Grenzen
der ambulanten und stationären Weiterbildung müssen bei einer sich ändernden
Versorgungslandschaft ausgelotet werden.
Die schon angesprochenen
Wechselwirkungen zwischen Weiterbildung und Berufsausübung gilt es nicht nur im
rechtlichen Kontext durchzuspielen. Nicht zuletzt ist zu bedenken, dass die
Weiterbildung als ureigene Aufgabe der Ärzteschaft nicht zur Disposition stehen
darf.
(Beifall)
In diesem komplexen Prozess einer
Novellierung, also nicht nur einer Überarbeitung, setzen wir selbstverständlich
wiederum auf die konstruktive Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden und
Fachgesellschaften, ohne die wir natürlich die fachliche Expertise gar nicht
einbauen können. Darauf sind wir essenziell angewiesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, den
Vorstandsantrag auf Drucksache III-01 haben Sie rechtzeitig zugesandt bekommen.
Den zahlreichen bereits jetzt vorliegenden Anträgen ist zu entnehmen, dass Sie
sich sehr intensiv in die Materie eingearbeitet haben, sodass ich glaube, auf
eine detaillierte Exegese der einzelnen Änderungen zugunsten der dadurch
gewonnenen Diskussionszeit verzichten zu können. Aus
194 Seiten der alten (Muster-)Weiterbildungsordnung sind gemäß der Vorlage 201
Seiten geworden. Wenn Sie den Änderungen zustimmen, also die Streichungen
entfallen, wird sich der Umfang der neuen (Muster-)Weiterbildungsordnung gar
nicht so sehr ändern. Es könnte sogar sein, dass der Umfang unverändert bleibt.
Ich bitte Sie letztendlich nach der
Diskussion und der Vorstellung Ihrer Anträge um Zustimmung zu der
überarbeiteten Fassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung von 2003.
Und noch einmal der Appell – man
kann es nicht oft genug wiederholen –: Dies ist keine Novellierung, sondern
lediglich eine Überarbeitung des bereits Existierenden. Eine Novellierung aber
ist überfällig. Deren Ziel ist die Gestaltung der Zukunft. Weiterbildung
braucht eine Perspektive!
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Vielen Dank, Franz Bartmann, für diese Einführung. Ich hoffe,
dass wir jetzt gut durch dieses Konvolut von Anträgen kommen.
Zunächst aber darf ich Herrn Dr.
Walter Vorhauer begrüßen, den Hauptgeschäftsführer der französischen
Ärzteorganisation. Er spricht glänzend Deutsch. Herzlich willkommen, Herr Dr.
Vorhauer!
(Beifall)
Jetzt gibt es einen Antrag
von Dr. Peters aus Rheinland-Pfalz zur Geschäftsordnung. Bitte, Herr Peters.
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