TOP III: (Muster-)Weiterbildungsordnung

Donnerstag, 13. Mai 2010, Vormittagssitzung

Dr. Bolay, Westfalen-Lippe: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hat diese Weiterbildungsordnung gehalten, was wir uns vor acht oder zehn Jahren von ihr versprochen haben oder was uns versprochen wurde? Ich glaube: nicht in allen Fällen. Sie ist auf unübersichtliche 200 Seiten angewachsen – Tendenz steigend – und sie ist inhaltlich überfrachtet mit vielen Detailregelungen. Der Schlingerkurs um die Allgemeine und Innere Medizin hat ein Übriges dazu getan, an einem geschlossenen Konzept zu zweifeln, und hat dazu die in Weiterbildung befindlichen Kolleginnen und Kollegen erheblich verunsichert.

Es sei deshalb die Frage erlaubt: Für wen ist diese Weiterbildungsordnung eigentlich gedacht? Für die Weiterzubildenden? Ich befürchte: nein. Ich weiß, dass diese die Weiterbildungsordnung zum Teil nicht mehr verstehen. Hand aufs Herz, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wer von Ihnen weiß den Unterschied zwischen angerechneten und abgeleisteten Weiterbildungszeiten?

Verhilft sie dem Weiterbildungsbefugten zu klarer Strukturbildung in der Vermittlung von Inhalten? Oder sind die Weiterbildungsbefugten in Anbetracht der Anforderungen eher verschreckt? Bietet sie den Patienten Orientierung, den richtigen Spezialisten für ihr Problem zu finden? Können Patienten unterscheiden zwischen diabetologischer Grundversorgung, Zusatzweiterbildung Diabetes und Schwerpunkt Diabetes?

Profitiert haben von der Weiterbildungsordnung allerdings die Fachgesellschaften. Diese haben sich selbst geadelt, indem sie oftmals überhöhte Anforderungen in der Weiterbildungsordnung unterbringen konnten.

Und noch eines: Es gibt in der Weiterbildungsordnung unerträgliche Asymmetrien. Das betrifft besonders die Zusatzweiterbildungen. Nehmen wir zwei Extreme: Die Zusatzweiterbildung Spezielle Unfallchirurgie erfordert drei Jahre harte Arbeit, für die Zusatzweiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung reicht ein Wochenkurs. Das kann es nicht sein! Die Beispiele ließen sich fortsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden heute neue Änderungen, Ergänzungen und neue Hürden diskutieren und wahrscheinlich auch beschließen. Aber wenn Sie nächste Woche zu Hause sind – das ist ein Appell, kein Antrag –, dann beginnen Sie in Ihren Kammern eine Diskussion darüber, wie diese Weiterbildungsordnung verschlankt, entrümpelt, direkter und anwenderfreundlich gestaltet werden kann. Sie muss machbar werden, versorgungsorientiert und sie muss die Weiterbildenden im Fokus haben, nicht die Interessen der Fachgesellschaften.

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben und dass ich überziehen durfte.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Herr Bolay. – Als nächster Redner Herr Dr. Hoffert aus Berlin.

© Bundesärztekammer 2010