PD Dr. Scholz, Hessen:
Sehr verehrtes Präsidium! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke,
wenn wir über Patientenrechte sprechen, müssen wir uns doch nicht dazu
verleiten und dazu hinreißen lassen, so zu tun, als seien die Patienten völlig
schutzlos. Ich bitte Sie ganz herzlich, in den Diskussionen nicht entsprechende
Vokabeln zu benutzen. Anderenfalls erwecken wir in der Öffentlichkeit den
Eindruck, dass erst recht solche Instrumente gebraucht werden, die schon längst
in Gesetzen verankert sind. Das steht doch auch in der Berufsordnung. Es
entspricht nicht der Realität, wenn wir so tun, als sei uns der Patient völlig
schutzlos ausgeliefert.
Natürlich muss der Patient vor
Behandlungsfehlern geschützt werden. Aber das Nichtstun wird immer häufiger ein
Problem. In Gutachter- bzw. Schlichtungskommissionen taucht jetzt immer
häufiger die Klage auf: Dieses und jenes ist gar nicht gemacht worden. Oder es
heißt beispielsweise: Ich bin da nicht drangekommen. Hier ist die Politik in
der Pflicht, die das sehr einfach abgewälzt und den Ärzten aufoktroyiert hat.
Das ist sicher keine Entschuldigung dafür, dass man als Chefarzt auf der
Intensivstation aus ökonomischen Gründen Wunden mit Zitronensaft behandelt.
Das Nichtstun aus lauter Angst
stellt ein immer größer werdendes Problem dar. Hier spielt natürlich die
Rationierung eine Rolle.
Es ist vorhin schon angesprochen
worden: Es ist wunderbar, wenn sich das alles marktwirtschaftlich orientiert.
Ich rate Ihnen davon ab, dem hinterherzulaufen. In Amerika kann man sehen, was
der Markt bewirkt. In Louisiana hat man beispielsweise durch die hohen Prämien
auf riesigen Flächen keinen einzigen Gynäkologen. Das müssen wir der
Öffentlichkeit verdeutlichen. Die Ärzte werden sich von risikobehafteten
Handlungen zurückziehen und den Patienten
nicht mehr zur Verfügung stehen. Wenn keine Ärzte zur Verfügung stehen,
ist das ebenfalls ein schlimmer Fehler. Unter der farbigen Bevölkerung in
Louisiana haben Sie – entschuldigen Sie, wenn das wie Rassismus klingt – bei
der Geburtensterblichkeit Raten wie inzwischen in Sri Lanka. Dahin möchte ich
nicht kommen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Allenfalls zum Urlaub. – Jetzt bitte Herr Kollege Pickerodt aus
Berlin.
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