Dr. Pickerodt, Berlin:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Satz in Ziffer I des
Vorstandsantrags lautet:
Rationierung führt zu einem
System der ungleichen Verteilung von Gesundheitschancen.
Ich möchte Ihnen folgendes Beispiel
nennen. Wenn Sie in Berlin-Zehlendorf am U-Bahnhof Krumme Lanke in die U-Bahn
steigen, sinkt die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung um die
jeweiligen Bahnhöfe herum pro Bahnhof um vier Monate. Das hat nichts mit
Rationierung zu tun. Das ist die gegenwärtige Realität; das haben wir auch
schon einmal auf einem Deutschen Ärztetag diskutiert.
Wir wissen gar nicht genau, warum
das so ist, aber mit Rationierung hat das nichts zu tun. Das Beispiel stammt
von Ellis Huber. Ich finde, es ist ganz plastisch.
Unter Ziffer II fordert der
Vorstand die verlässliche Sicherung von grundlegenden Patientenrechten. Als
zweites Patientenrecht wird aufgeführt:
Der Patient hat Anspruch auf
die freie Arztwahl.
Gehen Sie einmal als
Normalversicherter in eine ganz normale Klinik und sagen Sie: Ich habe freie
Arztwahl. Man wird Sie auslachen. Sie haben keine freie Arztwahl. Es wäre
schön, wenn es so etwas gäbe, vor allem wenn irgendeine Form von persönlicher
Kommunikation zwischen den Ärzten und ihren Patienten überhaupt noch möglich
wäre. Die Kommunikation läuft über Computerprogramme und nicht mehr über
persönliche Gespräche.
Der vierte Punkt lautet:
Der Patient hat Anspruch auf
Wahrung des Patientengeheimnisses.
Wir alle kennen die Beispiele vom
Intranet großer Klinikverbünde, wo fast jeder hineinkommt und jede
Krankengeschichte eines jeden Patienten nachlesen kann. Herr Montgomery, hier
gilt es wirklich, dafür zu sorgen, dass solche Dinge verhindert werden.
(Beifall)
Punkt 6 lautet:
Der Patient hat Anspruch auf
eine solidarische Krankenversicherung …
Jawohl, der Patient hat diesen
Anspruch. Die Realität sieht aber anders aus. Wenn man den Äußerungen des
Referenten zu diesem Punkt in den diversen Talkshows folgt, hat er sie noch
weniger, weil Herr Montgomery ein vehementer Verfechter einer unsolidarischen
Finanzierung des Systems durch eine Kopfpauschale ist. Das wollen wir nicht.
Danke.
(Vereinzelt Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Schönen Dank. – Der nächste Redner ist der Präsident unserer
gastgebenden Landesärztekammer, Herr Professor Schulze. Wir bedanken uns noch
einmal für die fulminante Eröffnungsveranstaltung von gestern.
(Beifall)
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