Grauduszus, Nordrhein:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ein
Patientenschutzgesetz auf der Agenda der Politik steht, muss etwas Wichtiges
geschehen. Warum müssen Patienten geschützt werden und vor wem? Wenn wir es
hier diskutieren, denken wir: Müssen sie vor den Ärzten beschützt werden? Es
mag ja sein, dass es in unseren Reihen gewisse Probleme gibt und dass man
manchmal ungünstige Entwicklungen hat. Aber müssen wir nicht auch erst einmal
über unseren Tellerrand schauen und fragen: Warum müssen die Patienten in
Zukunft geschützt werden? Ist es nicht eigentlich nur ein Ablenkungsmanöver?
Ich möchte meine Patienten zunächst
einmal vor den Kostenträgern schützen wollen.
(Vereinzelt Beifall)
Ich möchte sie natürlich auch vor
einem Oligopol schützen. Einer meiner Vorredner hat gesagt: In Amerika herrscht
nicht wirklich Marktwirtschaft, sondern das ist eine Monopol- und Oligopolgesellschaft,
wo der Patient keine Rechte mehr hat. Genau das soll hier ja kommen. Ich
glaube, niemand von uns, der sich für die Marktwirtschaft ausspricht, stellt
sich Oligopole vor. Es geht vielmehr darum, gerade diese zu verhindern. Aber
sie werden eben eingeführt.
Sie kennen die Vorstellungen der
Gesundheitswirtschaft und der Politik. Es sollen in wenigen Jahren nicht mehr
250 Milliarden Euro umgesetzt werden, sondern durchaus doppelt so viel. Wer
muss das bezahlen? Wer wird das bezahlen? Wir Ärzte? – Nein, wir können das
nicht bezahlen. Der Bürger wird es bezahlen.
Ist es nicht so, dass man, wenn man
heute ein Patientenschutzgesetz auf den Weg bringt, verschleiert, was wirklich
passiert, nämlich dass man demnächst Kohle machen will, rücksichtslos auf den Schultern
der Patienten und der Bürger? Das wird verschleiert. Das muss thematisiert
werden.
Wenn wir glauben, durch ein
Patientenschutzgesetz etwas erreichen zu können, auch dass die Versorgung vor
Ort besser wird, sage ich: Das wird nicht der Fall sein. Ich nenne Ihnen ein
Beispiel aus der Praxis. Eine Patientin wird operiert, es geschieht ein
Zwischenfall, aber es wird alles nach den Regeln der Kunst gemacht. Diese
Patientin hat in unserem System, obwohl sie nachher behindert ist, keinen
Anspruch auf irgendeinen Ausgleich, weil nach den gutachtlichen Stellungnahmen
alles richtig gelaufen ist. Das ist auch wirklich so. Viele von uns glauben,
dass der Patient dann einen Anspruch auf Ausgleich hätte. Das ist aber nicht
der Fall. Der Patient sitzt jahrelang im Rollstuhl, aber weil alles richtig
gelaufen ist – es ist natürlich nicht alles richtig gelaufen –, weil die
Regularien eingehalten wurden und die Situation unvorhersehbar war, es also ein
Unglücksfall war, muss der Patient die Verantwortung tragen und ihm wird
überhaupt nicht geholfen.
Es gibt Modelle, beispielsweise in
Österreich, wonach Patienten, die in eine solche Situation geraten, einen
wirtschaftlichen Ausgleich erhalten. Es müssen pro Tag etwa 70 Cent je
Krankenhauspatient an einen bestimmten Fonds gezahlt werden. Wenn Patienten in
Not geraten, wird aus diesem Fonds eine wirtschaftliche Hilfe gewährt.
Das ist echter Patientenschutz. Da
wird etwas getan, da wird geholfen. Hier aber werden Gesetze geschaffen und
letztlich wird der Bürger abgezockt.
Danke schön.
(Beifall)
Präsident
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Das nennt man dann verschuldensunabhängige
Haftung. Das gibt es auch in Schweden. – Jetzt hat Herr Mälzer aus Berlin das
Wort.
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