TOP IV: Patientenrechte – Anspruch an Staat und Gesellschaft

Mittwoch, 12. Mai 2010, Vormittagssitzung

Grauduszus, Nordrhein: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Priorisierung und Rationierung sind natürlich ganz wichtige Themen im Patient-Arzt-Verhältnis. Von Herrn Montgomery habe ich gehört – das steht so nicht wörtlich in dem Antrag –, dass wir die bestmögliche Versorgung unserer Patienten fordern. Wörtlich heißt es:

Der Patient hat Anspruch auf eine individuelle, nach seinen Bedürfnissen ausgerichtete Behandlung und Betreuung.

Dem kann ich mich nur voll anschließen. Aber ist es nicht ein Widerspruch, wenn wir im gleichen Atemzug verlangen, dass rationiert wird? Das ist doch die Botschaft, wenn wir hier das Thema der Priorisierung behandeln. Die Öffentlichkeit versteht das so: Die Ärzte fordern für ihre Patienten eine Rationierung. Das ist die völlig falsche Botschaft.

(Beifall)

Wir haben gehört, dass die Mittel nicht ausreichen. Der Minister hat gestern gesagt: Es gibt für dieses System nicht mehr Geld. Aber die Hausärzte bekommen mehr Geld. Da frage ich mich: Was soll das?

Wir brauchen nicht nur Hausärzte – auch ich bin Hausarzt –, sondern wir brauchen auch spezialisierte Kolleginnen und Kollegen. Die sind bei einer älter werdenden Gesellschaft genauso wichtig. Wir müssen zusammenhalten und dürfen keine Keile zwischen uns treiben lassen.

(Beifall)

Ich als Hausarzt möchte, dass ich meine Patienten wirtschaftlich unabhängig mit einer hervorragenden Therapie versorgen kann. Das wird mir im Moment genommen, und zwar kontinuierlich.

Wenn es um Priorisierung geht, geht es auch um Allokation. Der eine Bereich wird sagen: Wir sind wichtig! Der andere Bereich wird hinten herunterfallen. Es ist unglaublich wichtig, dass wir die Rationierung öffentlich machen. Das haben wir als Freie Ärzteschaft über Jahre hinweg auch getan. Wir übernehmen aber nicht die Verantwortung. Wir fordern auch nicht die Rationierung, sondern wir sagen: Wir sind ein wohlhabendes Land und die Ausgaben im Krankenversicherungsbereich sind – das hat Herr Dr. Hoppe gestern bestätigt – nicht gestiegen. Sie liegen konstant bei 6 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Warum also sollen wir sparen? Warum soll der Bürger nicht mehr bekommen, wenn er letztlich doch bereit ist, dafür auch mehr auszugeben? Die Wirtschaft hat es erkannt. Sie sieht den Gesundheitsmarkt als wachsenden Markt und will in wenigen Jahren den Umsatz dort verdoppeln, wie ich schon ausgeführt habe.

Ich kann im Zusammenhang mit der Rationierungsdiskussion nur raten: Schieben wir die Verantwortung auf diejenigen, die sie tragen müssen, nämlich die Politik. Wir fordern für unsere Patienten eine gute Behandlung und wollen nicht rationieren. Die Priorisierung ist Aufgabe der Politik.

Danke.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Grauduszus. – Jetzt Herr Bodendieck aus Sachsen.

© Bundesärztekammer 2010