Dr. Liese, Referent:
Vielen Dank, Herr Professor Hoppe. – Ich kann es ganz kurz machen, weil sich,
wenn ich es richtig sehe, nur fünf Redner auf meine Ausführungen bezogen haben.
Frau Dr. Pfaffinger hat über die Information von Patienten gesprochen. Das
halte ich in der Tat für einen Schlüssel, um unser Gesundheitswesen
zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Wir diskutieren das im Moment sehr stark beim
Thema Arzneimittel. Wir wollen das System umkehren: vom Recht der Industrie,
Werbung zu machen, hin zum Recht des Patienten, sich zu informieren. Natürlich
muss der Arzt, gerade bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, im
Mittelpunkt stehen. Er ist der wichtigste Ansprechpartner. Ich glaube, auch für
Ärzte wäre es gut, wenn wir mehr unabhängige Datenbankinformationen bekämen, wo
sich der Patient weiter informieren kann, wo er Fragen beantwortet bekommt, die
man im Arzt-Patient-Gespräch aus Zeitgründen nicht so schnell beantworten kann.
Wir arbeiten daran. Wir sind für jede Anregung dankbar. Das kann man dann auch
ausweiten auf andere Fragen der Patienteninformation.
Frau Professor Dr. Henneberg und
Herr Dr. Marx haben das Thema Patientenorganisationen und Finanzierung durch
die pharmazeutische Industrie angesprochen.
Frau Professor Henneberg hat
betont, man solle die Patientenorganisationen nicht verteufeln. Wenn jemand den
Eindruck gehabt haben sollte, dass ich sie generell verteufele, dann ist dieser
Eindruck sicherlich falsch. Ich habe mit vielen Patientenorganisationen gut
zusammengearbeitet. Ich bin beispielsweise auch Schirmherr der Morbus Gaucher
Gesellschaft. Ich weiß, dass es manchmal notwendig ist, bestimmte Dinge von der
Industrie finanzieren zu lassen. Das ist an sich nichts Schlechtes. Wenn es
sich allerdings nur um eine einzige Firma handelt, wird das
Abhängigkeitsverhältnis sehr groß. Es muss natürlich auch Transparenz gegeben
sein.
Wir arbeiten gemeinsam mit
Kommissar Dalli an einem Modell, mit dem wir versuchen wollen, die
Patientenorganisationen in Europa besser zu unterstützen, und zwar durch eine
zum Teil völlig unabhängige Finanzierung. Wenn die Industrie einen Beitrag
leistet, soll die Industrie im Einzelfall aber nicht darüber entscheiden, was
eine Organisation machen darf. Vielleicht schalten wir einen Pool vor, damit
die Unabhängigkeit einer Organisation von einer einzigen Firma sichtbar wird.
Anderenfalls ist es auch bei gutem Willen so, dass das zum Sprachrohr wird.
Herr Dr. Scholz hat die Gefahr des
Nichtstuns vor lauter Angst gegenüber Haftungsansprüchen angesprochen. Das
scheint mir ein zentraler Punkt zu sein, den wir in der Argumentation ganz
deutlich unterstreichen müssen. Das hat in Europa dazu geführt, dass wir eben
keine Umkehr der Beweislast im europäischen Recht haben wollen.
Es gibt einzelne Länder, die das
ansatzweise versucht haben. Sie hatten dann aber auch die Probleme, die ich
angesprochen habe. Ich möchte nochmals unterstreichen: Den Patienten ist nicht
geholfen, wenn man durch eine zu starke Haftungsregelung am Ende dann der
bessere Arzt ist, wenn man gar nicht handelt. Das ist sicherlich ein ganz
wichtiger Punkt, der noch nicht in alle Köpfe Eingang gefunden hat.
Herr Dr. Mälzer hat das Thema
Freizügigkeit angesprochen und gesagt: Im Moment gibt es die Finanzierung
medizinischer Leistungen im Ausland bei Notfällen. Das ist richtig. Die
Richtlinie, über die ich gesprochen habe, will genau das herbeiführen, was Herr
Dr. Mälzer fordert, nämlich dass beispielsweise ein Patient, der in
Großbritannien über ein Jahr lang auf einen notwendigen Eingriff,
beispielsweise eine Hüft-endoprothese, warten muss, dies demnächst in
Deutschland oder in einem anderen europäischen Land erledigen lassen kann und
das britische Gesundheitssystem dafür bezahlt. Das wurde von der Europäischen
Kommission vorgeschlagen.
(Beifall)
Das ist vom Europäischen Parlament
unterstützt worden. Nun brauchen wir die Zustimmung des Ministerrats.
Deutschland ist dafür, die europäischen Ärzte sind dafür. Ich unterstütze
deshalb den Antrag, den Herr Dr. Mälzer eingebracht hat. Allerdings bitte ich
darum, ihn zu präzisieren. Wie beim Thema Organspende sollte man nicht generell
die europäischen Gremien ansprechen, sondern diejenigen, die im Moment noch
blockieren. Das sind diejenigen Mitgliedstaaten im Ministerrat, die das noch
nicht unterstützt haben.
Ein Aufruf an das Europäische
Parlament und die Europäische Kommission ist also nicht erforderlich. Hier kann
man sagen: Es sind die richtigen Beschlüsse gefasst worden. Der Aufruf muss
sich an die Mitgliedstaaten richten, die dieses im Moment blockieren.
Herzlichen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Kollege Liese.
Meine Damen und Herren, wir haben
nun 12.30 Uhr. Normalerweise steht jetzt die Mittagspause bis 14 Uhr an. Es
sind ganz frische Anträge zum Thema eingetroffen. Ich habe mit Frank Ulrich
Montgomery gesprochen und mache folgenden Vorschlag: Wir drucken diese Anträge
noch um und legen sie Ihnen auf Ihren Platz. Herr Montgomery hält sein
Schlusswort um 14 Uhr, wenn wir wieder zusammenkommen. Anschließend treten wir
in die Abstimmung über die Anträge zum Tagesordnungspunkt IV ein. Anschließend
schließen wir den Tagesordnungspunkt I ab. Daran anschließend rufen wir das
Thema Versorgungsforschung auf.
Sind Sie damit einverstanden?
(Beifall)
– Vielen Dank. Dann machen wir
jetzt eine Pause bis 14 Uhr.
2.
Tag: Mittwoch, 12. Mai 2010
Nachmittagssitzung
Präsident
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Meine Damen und Herren! Wir setzen die
unterbrochene Sitzung fort. Wir hatten ja vor der Mittagspause vereinbart, dass
wir jetzt das Schlusswort von Frank Ulrich Montgomery hören. Er wird auch
gleich auf die Anträge eingehen und sie Ihnen vorstellen. Anschließend werden
wir in die Abstimmung eintreten. Bitte, Herr Montgomery.
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