TOP VIII: Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 2010/2011 (01.07.2010 – 30.06.2011)

Donnerstag, 13. Mai 2010, Nachmittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Nun gibt es einen Antrag VIII-02, der unter „Finanzen“ gestellt worden ist, weil etwas geprüft werden soll, was auch unter finanziellen Aspekten eine Rolle spielen könnte:

Der Vorstand der Bundesärztekammer wird aufgefordert, die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit der Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung zu prüfen und dem nächsten Deutschen Ärztetag darüber zu berichten. Bei der Prüfung sind neben finanziellen Gesichtspunkten insbesondere berufspolitische Gründe zu berücksichtigen, die für die Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung sprechen.

Ich glaube, die meisten von Ihnen wissen, dass wir zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine gemeinsame Rechtsabteilung haben, dass diese Rechtsabteilung mit zwei Juristinnen bestückt ist, die ausschließlich für die Bundesärztekammer zur Verfügung stehen, aber im Team der gemeinsamen Rechtsabteilung arbeiten und damit viel Kontakt unter den Juristinnen und Juristen, die dort tätig sind, ermöglichen und nicht so isoliert sind. Sie können sich gegenseitig befruchten. Es stimmt zwar, dass die beiden Einrichtungen unterschiedliche Schwerpunkte haben, aber auch das wird berücksichtigt. Der Chef der gemeinsamen Rechtsabteilung, Herr Rechtsanwalt Horst-Dieter Schirmer, ist für beide Einrichtungen zuständig und nimmt auch an den Vorstandssitzungen beider Einrichtungen teil.

Insofern haben wir eine über Jahrzehnte bewährte und im gegenwärtigen Zeitpunkt sogar sehr bewährte Zusammenarbeit in dieser gemeinsamen Rechtsabteilung für die Bundesärztekammer erreicht. Diese Konstruktion hat sich sehr bewährt. Insofern glaube ich, dass diese Prüfung eher so ausfiele, dass man sagen kann, man muss sie eigentlich überhaupt nicht durchführen. Aber Sie können das ja entscheiden, wie Sie möchten.

Ich frage, ob jemand das Wort zu diesem Thema ergreifen will. – Herr Tempel aus Niedersachsen, einer der Antragsteller.

Dr. Tempel, Niedersachsen: Herr Hoppe! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes: Wir möchten nicht an den Grundfesten dieser Beziehung wackeln. Ich finde es absolut lobenswert für Herrn Schirmer, ein Lebenswerk auch so zu erleben, wie es über lange Zeit eine hervorragende Ambition in der juristischen Seite zwischen Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung war. Aber wir glauben in der heutigen Zeit, dass sich vieles ändert.

Unabhängig von der finanziellen Auswirkung gibt es aus unserer Sicht sehr gewichtige berufspolitische Gründe, warum diese beiden Sachen getrennt werden sollten.

Ich denke, Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten in ihren Aufgabenfeldern zu sehr unterschiedlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts entwickelt. Die Verschiedenartigkeit ihrer Aufgaben und die Interessen ihrer auch verschiedenen Mitglieder erfordern zunehmend spezifische juristische Kompetenzen, die wir bisher immer sehr, sehr hoch schätzten. Während die Ärztekammern weitgehend ihren Status als Selbstverwaltungskörperschaften mit eigenen Gestaltungsmöglichkeiten erhalten konnten, wandelten sich die Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Einfluss des Gesetzgebers immer mehr zu einer ausführenden Verwaltung. Das verträgt sich auf Dauer nicht.

Die Ärztekammern haben nach den Heilberufe- und Kammergesetzen die Gesamtinteressen aller Ärztinnen und Ärzte, also der im ambulanten und im stationären Bereich sowie im Öffentlichen Gesundheitsdienst und in anderen Behörden, wahrzunehmen.

Diese unterschiedliche Aufgabenwahrnehmung beider Körperschaften diversifiziert sich weiterhin und erfordert zudem zeitnähere Reaktionen als in der Vergangenheit häufig üblich. Deshalb wird es umso wichtiger, dass sich die Körperschaft KBV und die Arbeitsgemeinschaft Bundesärztekammer jeweils mit eigenem Profil auf Dauer und in Zukunft positionieren.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. – Jetzt Herr Kollege Werner aus Rheinland-Pfalz.

Werner, Rheinland-Pfalz: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man meint immer, man würde Geld sparen, wenn man etwas gemeinsam betreibt. Ich kann dazu jetzt nur aus einer ganz kleinen Untergliederung etwas anmerken, nämlich aus der Bezirksärztekammer Pfalz. Da gab es teilweise eine Personalunion mit der KV. Nachdem das Ganze aufgelöst wurde, stellte man fest, dass man durch das Auflösen des gemeinsamen Personalpools erhebliche Gelder einsparen konnte.

Das nur als Anmerkung dazu.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. – Die nächste Rednerin ist Frau Dr. Gitter aus Bremen.

Dr. Gitter, Bremen: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sollte der Ärztetag diesen Prüfauftrag beschließen, dann verstehe ich ihn so, dass Sie prüfen und uns die Weisheit dieser Prüfung beim nächsten Mal auch vorlegen, vielleicht in Form einer Beschlussempfehlung.

Vielen Dank.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen habe ich keine mehr. – Doch, Herr Wagenknecht, bitte schön.

Wagenknecht, Niedersachsen: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gedanke, die Rechtsabteilung der Bundesärztekammer auf solide eigenständige Füße zu stellen, kommt doch vor allem aus berufspolitischen Gründen aus der Erfahrung, die wir hier in diesem Gremium machen. Wir sehen, dass die Bundesärztekammer für alle Ärzte zuständig sein muss. Sie muss damit auch diejenigen Kollegen vertreten, die beispielsweise im Rahmen des § 116 b an Krankenhäusern die Interessen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht repräsentieren, ganz einfach ausgedrückt, das heißt, diesen Interessen der KVen entgegenstehen.

Wir haben eine Rechtsabteilung, die das beurteilen muss. Sie hat zwei unterschiedliche Auftraggeber. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das im Kopf irgendwie trennen kann. Ich denke, wir müssen inhaltlich dafür sorgen, dass klarere Rechtsberatungsverhältnisse herrschen. Denken Sie an die Kollegen, die zukünftig in der hausarztzentrierten Versorgung einen Großteil ihres Einkommens erwirtschaften. Das widerspricht natürlich den Interessen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Ich frage mich, wie man ein Rechtsgutachten zu diesen Themen abgeben kann, wenn man eine gemeinsame Rechtsabteilung hat. Ich glaube nicht, dass das noch zeitgemäß ist.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann frage ich: Wer möchte diesem Prüfauftrag zustimmen? – Wer ist dagegen? – Das Erste war die Mehrheit. Wer enthält sich? – Der Antrag ist angenommen. Dann werden wir prüfen.

Damit sind die Tagesordnungspunkte „Regularien“ beendet.

© Bundesärztekammer 2010