Dienstag, 18. Februar
2003
Berlin, Axica Kongress- und Tagungszentrum
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe,
Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Frau Dr. Merkel, für Ihren Beitrag. Ich habe
mich ganz besonders darüber gefreut, dass Sie auf die Diskussion
um dieses Institut und dieses mechanistische Bild von Medizin und
Ausübung des Arztberufs, das diesem Gedanken zugrunde liegt,
eingegangen sind. Das ist wirklich eine Seuche, die uns da überfallen
hat,
(Beifall)
die daher rührt, dass sich diese starke Kosten-Nutzen-Diskussion
durchgesetzt hat. Dabei kommt das, was sich in der Patientenversorgung
vollzieht, gar nicht mehr vor.
Ich darf Sie, meine Damen und Herren Ärztinnen und Ärzte,
die Sie Delegierte sind, bitten, sich folgende Definition von Medizin
anzuhören, die ich an mehreren Stellen mit Absicht in die Welt
gesetzt habe, um mitzuhelfen, dieses Bild zu verändern: Medizin
ist keine reine Naturwissenschaft und deswegen auch nicht digitalisierbar,
nur teilweise. Medizin ist eine Erfahrungswissenschaft, die sich
unter anderem naturwissenschaftlicher Methoden bedient, ansonsten
aber mit nur wahrscheinlich richtigem Wissen umgehen muss, wobei
dieses Wissen eine Halbwertszeit von fünf Jahren hat, bei der
bei allen wichtigen individuellen Entscheidungen Wertungen eine
große Rolle spielen.
Die Menschen, die durch die Medizin behandelt werden, reagieren
auf die Maßnahmen unterschiedlich. Dieses völlig chemisch-physikalische
Denken, dass auf bestimmte Maßnahmen alle Menschen gleich
reagieren, muss wieder weg,
(Beifall)
anderenfalls haben wir auf die Dauer keine Chance, ein Versprechen
einzulösen, was die Menschen von dem empfinden zu können
meinen, was wir ihnen vermitteln wollen. Das darf nicht als falsche
Unbescheidenheit ausgelegt werden; das ist einfach so.
Wenn wir das akzeptieren und diese Grundgedankenwelt in die Politik
einfließt, ist das Institut per se vom Tisch, dann hat es
keine Existenzberechtigung mehr.
Ich glaube, wir müssen daran arbeiten, dass das verstanden
wird.
(Beifall)
Noch einmal herzlichen Dank, Frau Dr. Merkel.
Wir hören nun die Ausführungen von Herrn Dr. Richter-Reichhelm,
dem Ersten Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Bitte schön, Herr Dr. Richter-Reichhelm.
(Beifall)
|