TOP I: Forderungen und Vorschläge der Ärzteschaft für die Gesundheitsreform 2003

Dienstag, 18. Februar 2003

Berlin, Axica Kongress- und Tagungszentrum, Nachmittagssitzung

Melzer, Berlin:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorstellung mit den Politikern war sehr eindrucksvoll, wie der Profi Müntefering mit einem sehr entwaffnenden Lächeln und der Aussage „Ich fühle mich hier wohl“ den gesamten Unmut der Versammlung erst einmal aufgefangen hat. Interessant war die Reaktion von Frau Sager, die als doch sehr schlanke Person ein großes Beil in der Hand hat und bereit ist, heilige Kühe zu schlachten. Der Bannerträger von der FDP trat hier - wie eh und je - mit klaren Positionen auf, die sich bisher allerdings noch nie umsetzen ließen. Wir haben die Schalmeienklänge der CDU gehört, die unser Selbstbewusstsein merklich gestärkt haben.

Was bleibt übrig? Was eint die Politiker? Die Politiker eint die desaströse Finanzlage der GKV, die Einnahmenseite. Was eint sie noch nicht? - Das ist die Beurteilung der Qualität der paritätischen Bezahlung der Leistungen in der GKV.

Die paritätische Finanzierung ist ein Auslaufmodell. Sie kann nur in Boomzeiten funktionieren, wenn genug Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie kann nicht funktionieren in Zeiten der Rezession und gigantisch steigender Arbeitslosenquote. Diese Wahrheit muss ausgesprochen werden, und zwar nicht leise. Es reicht auch nicht aus, dass Frau Merkel sagt: Der Arbeitgeberanteil muss fixiert werden. Das ist Selbstbetrug, denn das reicht von heute bis morgen Mittag,
aber nicht langfristig.

Wir brauchen eine richtige Reform. Es wurden 16 Jahre und jetzt noch einmal vier bis fünf Jahre vertan. So kann es nicht weitergehen! Wir brauchen eine echte, grundlegende Reform der Einnahmensituation und die Abschaffung der paritätischen Finanzierung. Modelle dafür gibt es in Europa genug. Die Modelle in der Schweiz haben sich bewährt. Wir brauchen also nicht einmal das Versuchskarnickel zu spielen. Dort ist eine bewährte Finanzierung möglich.

Ich denke, dieses muss von den Ärzten lauter als bisher nach außen getragen werden. Es reicht nicht aus, sich immer nur mit sich selbst zu beschäftigen. Sowohl der Marburger Bund, Herr Montgomery, als auch die Fachärzte und die KBV müssen einstimmig nach außen die Forderung erheben, die paritätische Finanzierung abzuschaffen. Wir sollten eine bessere Finanzierung nach dem Schweizer Modell fordern.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe,
Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Melzer. Wir werden in Kürze auch schon von außen her durch alle möglichen Kommissionen mit diesem Modell konfrontiert werden. Dann haben wir Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. - Jetzt bitte Herr Diplom-Politologe - er ist aber auch Arzt - Ruebsam-Simon.

© 2003, Bundesärztekammer.