17.08.2005

Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Qualitätsmanagement-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Stand vom 17.06.2005 [PDF]

Die Bundesärztekammer hat sich bei Ihrer Stellungnahme von dem Qualitätsmanagement-Prinzip leiten lassen, dass eine nachhaltige, sich kontinuierlich weiterentwickelnde Qualitätskultur nur dann realisiert werden kann, wenn die Ärzte und ihre Mitarbeiter in den Versorgungseinrichtungen – seien es Kliniken oder Praxen oder Medizinische Versorgungszentren – die Entwicklung und Verbesserung qualitätsfähiger Prozesse nicht nur verstehen, sondern den Einsatz von internen Qualitätsmanagementmaßnahmen vor Ort als hilfreich erfahren. Da Einführung und Umsetzung von Qualitätsmanagementmaßnahmen stark von den jeweiligen praxisindividuellen Besonderheiten abhängen, sollten sich die Vorgaben der Richtlinie – auch nach dem Willen des Gesetzgebers – auf die Formulierung von grundlegenden Mindestanforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement begrenzen. Der zur Einführung eines Qualitätsmanagement-systems in die Praxis erforderliche Aufwand hat dabei in einem angemessenen Verhältnis zur personellen und strukturellen Ausstattung der Praxis zu stehen.

Die Bundesärztekammer begrüßt, dass dem Vertragsarzt in dem vorliegenden Richtlinienentwurf die Freiheit gelassen wird, selbst zu entscheiden, welches Qualitätsmanagementmodell am ehesten zur Unterstützung seiner praxisindividuellen Erfordernisse geeignet erscheint, sowie, dass in der Richtlinie nicht der obligatorische Erwerb eines Zertifikats verlangt wird.

Die Bundesärztekammer begrüßt außerdem, dass die Zuständigkeit für das Monitoring der Einführung von einrichtungsinternen Qualitätsmanagementmaßnahmen in die vertragsärztliche Versorgung bei den Kassenärztlichen Vereinigungen angesiedelt ist, und dass für die Einführung eine Zeitspanne von insgesamt fünf Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie eingeräumt wird.

Andere Aspekte der Richtlinie werden von der Bundesärztekammer jedoch kritisch gesehen:

Vor dem Hintergrund der dringend erforderlichen Entbürokratisierung unseres Gesundheitswesens erscheint z. B die nach der Richtlinie vorgesehene Gründung von wenigstens aus vier Mitgliedern bestehenden Qualitätsmanagementkommissionen pro Kassenärztlicher Vereinigung als näher begründungsbedürftig.

Für die nach Abschluss der Einführungsphase von der Richtlinie vorgesehene „Akkreditierung“ bzw. Zulassung spezifischer Qualitätsmanagementsysteme durch den Gemeinsamen Bundesausschuss sieht die Bundesärztekammer keine Rechtsgrundlage; der Gemeinsame Bundesausschuss würde mit dieser Maßnahme außerdem den Grundsatz, dass ein Vertragsarzt das Qualitätsmanagementsystem selbst aussuchen und individuell weiterentwickeln können muss, selber konterkarieren.

Auch wenn sich die Tätigkeit der geplanten Qualitätsmanagement-Kommissionen auf ein Stichprobenverfahren beschränken soll, bleibt fest zu halten, dass hiermit eine institutionalisierte Kontrolle der Einführung von einrichtungsinternem Qualitätsmanagement in den vertragsärztlichen Bereich geschaffen wird, die es im stationären Sektor so nicht gibt. Abgesehen davon, dass hiermit das übergeordnete Ziel einer sektorübergreifenden Annäherung der Rahmenbedingungen verfehlt wird, ist nicht nachvollziehbar, warum der Gemeinsame Bundesausschuss dem Vertragsarzt weniger Eigenverantwortung bei der Einführung von Qualitätsmanagement zutraut bzw. einzuräumen bereit ist als dem Krankenhausträger.

Kritisch muss auch das in der Richtlinie vorgesehene Evaluationskonzept gesehen werden, für das klare inhaltliche Zielvorstellungen fehlen, obwohl es die Basis für die „Akkreditierung“ von Qualitätsmanagementsystemen bilden soll. Aus Sicht der Bundesärztekammer hätte unter anderem die Notwendigkeit der Validierung von praxisorientierten und versorgungsrelevanten Qualitätsindikatoren und die Entwicklung und Bewertung von geeigneten Unterstützungsinstrumenten für die Einleitung kontinuierlicher Verbesserungsprozesse stärker betont werden sollen. Auf Basis des vorliegenden Evaluationskonzepts werden die angestrebten wissenschaftlichen Grundlagen für eine qualitätsorientierte Versorgungssteuerung nur fraglich geschaffen werden können.

Einzelheiten der Stellungnahme sind wie von Ihnen gewünscht in die Textvorlage eingearbeitet (siehe Anlage).

Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Regina Klakow-Franck, M.A.
Dezernentin

Anlage