Top I: Gesundheits- und Sozialpolitik

Wir kommen jetzt zu dem Themenkomplex Präimplantationsdiagnostik, ethische Fragen. Dazu bitte Herr Dr. Seeger, Hessen.

Dr. Seeger, Hessen:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hoppe, ich möchte Ihnen für die ganz klaren Worte danken, die Sie heute Vormittag zum Thema der genetischen Diagnostik gefunden haben. Dass ich erst jetzt zu Wort komme, hat vielleicht den Nachteil, dass nicht mehr alle Zuhörer so aufmerksam sind, hat aber auch den Vorteil, dass mir Ihre Rede im Wortlaut vorliegt und ich mich direkt darauf beziehen kann.

Ich finde vor dem Hintergrund der fast vollständigen Entschlüsselung des Humangenoms Ihre Aussage sehr wichtig, dass die Information über das menschliche Genom nicht zu kommerziellen Zwecken missbraucht werden darf, sondern ein Erbe der gesamten Menschheit sein muss. Sie haben erklärt: Niemand darf zu einem Gentest gezwungen werden, sondern die Entscheidung darüber liegt allein in der Verantwortung des Betroffenen. Das entspricht der Beschlusslage der Deutschen Ärztetage. Das könnte gut als Beschluss des diesjährigen Deutschen Ärztetages formuliert werden.

Ich hoffe, dass wir auch in den nächsten Jahren hinter diesem Beschluss stehen werden, dass wir dieses in Stringenz und Klarheit durchstehen können. Ich würde mich freuen, wenn es möglich wäre, heute einen derartigen Antrag zu beschließen, der Ihre Worte von heute Vormittag, Herr Präsident, aufnimmt. Das könnte auch als Antrag des Vorstands eingebracht werden. Dann könnten wir uns alle eindeutig in dieser Richtung äußern.

Sie haben in Ihrem Referat auch die Präimplantationsdiagnostik angesprochen. Nach meinem Eindruck ist der Vorstand der Bundesärztekammer mit seiner Veröffentlichung im "Deutschen Ärzteblatt" vom März 2000 ein bisschen über das von Ihnen gesteckte Ziel, die Diskussion in Gang zu bringen, hinausgeschossen, indem bestimmte Vorgaben gemacht wurden, über die ich gern zunächst einmal gesprochen hätte, auch hier. Wenn in derselben Ausgabe des "Deutschen Ärzteblatts" die Überschrift zu finden ist "Am Rande der schiefen Bahn" und einige Ausgaben später der Kölner Erzbischof Meisner erklärt "Der Diskussionsentwurf stellt im Ergebnis eine Aufforderung zur Verletzung der Würde des Menschen dar", dann hätte ich mir gewünscht, dass wir vorher hier im Plenum des Deutschen Ärztetages darüber sprechen. Ich weiß nicht, ob es im Laufe dieses Ärztetages noch einmal die Möglichkeit gibt, darüber zu diskutieren.

Ich hätte mir auch gewünscht, dass hier Experten eine Meinung dafür und eine Meinung dagegen vortragen, damit wir in eine fundierte Diskussion eintreten können. Ist das vorgesehen? - Nein. Das finde ich schade. Ich rege an, dass wir heute noch die Möglichkeit erhalten, Äußerungen aus dem Plenum entgegenzunehmen, um diese Diskussion nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch hier zu führen.

(Beifall)


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