Top II: Novellierung der (Muster-)Berufsordnung

PD Dr. Raidt, Westfalen-Lippe:

Vielen Dank für diese Ehre. - Ich habe eine konkrete Frage an Frau Wollersheim. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Wollersheim, würden wir uns, wenn wir dem Antrag von Herrn Thierse folgten, gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellen. Ist das so?

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Danke. - Dazu bitte direkt Frau Wollersheim.

Wollersheim, Justiziarin der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung:

Ich habe schon mehrfach auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März dieses Jahres hingewiesen. Ich möchte nochmals auf dieses Urteil zurückkommen und aus dieser Entscheidung zitieren:

Durch die Weiterbildung zum Facharzt vertieft der Arzt seine medizinische Kompetenz auf einem bestimmten Fachgebiet in besonderer Weise. Hat der Arzt rechtsförmlich eine fachliche Qualifikation dieser Art erworben, so können nur Gemeinwohlbelange von erheblichem Gewicht ein Verbot rechtfertigen.

Die Kernaussage lautet: Rechtsförmlich erworbene Qualifikationen können nur dann nicht geführt werden, wenn erhebliche Gemeinwohlbelange entgegenstehen. Diese hat das Bundesverfassungsgericht nicht feststellen können, sodass im Kern der Rechtssatz übrig bleibt: Das, was auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Qualifikationen erworben worden ist, kann nach außen angegeben werden. Es ist von Interesse für das Publikum, weil es in der Regel auch nicht irreführend ist.

Dieser Grundsatz gilt auch für andere Berufsgruppen. Es ist auch im Anwaltsrecht schon so entschieden worden.

Die Sorge, dass Ärzte, die eine große Anzahl von Fachkunden erworben haben, diese zukünftig auf dem Schild führen, kann ich insoweit relativieren, als Nr. 2 Abs. 2 wie alle anderen Berufsordnungsvorschriften fordert, dass der Arzt diese Tätigkeit nicht nur gelegentlich ausüben darf. Er darf es erst ankündigen, wenn er die Tätigkeit auch in einem wesentlichen Umfang ausführt. Wer nur gelegentlich diese Tätigkeiten ausübt und sie aufs Schild schreibt, würde das Publikum irreführen.

Danke schön.

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Frau Wollersheim. - Das Problem erste/zweite Klasse ist nicht ganz unwichtig. Auch das wird das Gericht durcheinander wirbeln. Trotzdem können wir unseren Willen äußern.

Als nächster Redner bitte Herr Michaelis aus Thüringen.


© 2000Bundesärztekammer; entwickelt von EL-ZORRO TEAM98 als MediDesk