Top II: Novellierung der (Muster-)Berufsordnung

Wollersheim, Justiziarin der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte zu Beginn einen kurzen technischen Hinweis: Wir haben in der uns zur Verfügung stehenden Zeit versucht, dass wir Ihnen auf der Leinwand auf der Bühne einen Fließtext zeigen können, der den jeweiligen Inhalt des zur Diskussion stehenden Antrags enthält. Dies dient lediglich der besseren Lesbarkeit. Der Inhalt der Anträge wird dadurch selbstverständlich nicht tangiert. Da zu einzelnen Abschnitten mehrere Änderungsanträge vorliegen, sind die jeweiligen Änderungsanträge verschiedenfarbig markiert. Wir hoffen, dass Ihnen dieses Vorgehen das Verstehen der Berufsrechtlichen Vorschriften erleichtert und möglicherweise auch bei der Abstimmung hilft.

Ich möchte jetzt kurz auf die einzelnen Anträge und die von Ihnen gestellten Fragen zum Begriff der Berufswidrigkeit eingehen. Dem Arzt ist nach geltendem Recht die Werbung untersagt. Die Werbevorschriften berühren den Kernbereich der ärztlichen Berufsausübung, die durch Art. 12 des Grundgesetzes geschützt ist. Die Vorschriften zum ärztlichen Werbeverbot waren wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat über Jahre hinweg in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass den Ärzten nicht jegliche Werbung untersagt ist, sondern dass ihnen nur solche Werbemaßnahmen untersagt sind, die - so Originalton Bundesverfassungsgericht - berufswidrig sind.

"Berufswidrig" ist für Juristen ein feststehender Begriff. Wir haben eine Konkretisierung versucht, indem wir in § 27 Abs. 1 die Beispiele aufgeführt haben. Berufswidrig ist eine anpreisende Werbung, wenn beispielsweise ein Arzt damit wirbt, er bietet etwas besonders Gutes an, wenn er marktschreierisch handelt, wenn er in seiner Präsentation besonders aufdringlich ist.

Berufswidrig ist auch eine irreführende Werbung. Diese liegt beispielsweise dann vor, wenn Heilerfolge versprochen werden, die nicht zu erzielen sind, wenn jemand verspricht, er könne eine erfolgreiche Krebstherapie durchführen.

Berufswidrig ist ebenfalls eine vergleichende Werbung. Diese liegt beispielsweise vor, wenn ein Arzt verspricht, er hat die besseren Behandlungsmethoden, er kann einen schnelleren Heilerfolg herbeiführen.

Ich möchte jetzt kurz auf die Anträge eingehen. In Antrag II a-10 wird gefordert, in § 27 Abs. 2 die Worte "noch dulden" zu streichen. Wir haben in der Berufsordnungskonferenz darüber diskutiert, auch im Rahmen der Rechtsberaterkonferenz der Ärztekammern. Beide Gremien sind übereinstimmend zu der Auffassung gelangt, dass am Begriff der Duldung festgehalten werden soll. Eine Streichung würde bedeuten, dass Dritte für Ärzte werben dürfen. Selbst dann, wenn die Ärzte dies wissen und auch in Kauf nehmen, wäre eine Intervention der Ärzte nicht erforderlich.

Verschiedene Anträge beschäftigen sich mit dem Praxisschild. Der Antrag II a-8 sieht vor, dass nur die führungsfähigen Weiterbildungsbezeichnungen auf dem Praxisschild angegeben werden können, und zwar diejenigen Weiterbildungsbezeichnungen, die auf der Grundlage der (Muster-)Weiterbildungsordnung von 1992 führungsfähig sind. Das heißt, das, was hier als Novellierung intendiert war, nämlich auch Fachkunden und fakultative Weiterbildungen führungsfähig zu machen, könnte nicht realisiert werden, wenn dieser Antrag angenommen würde, sondern dann bliebe es im Prinzip bei den geltenden Regelungen.

In Nr. 2 Abs. 2 geht es darum, ob die KV-Qualifikation neben der Kammer-Qualifikation geführt werden darf. Ich möchte mir an dieser Stelle einen rechtlichen Hinweis erlauben. Ich beziehe mich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März dieses Jahres, die sich mit der Frage der Führungsfähigkeit befasst. Ein Sportarzt hatte in einem bestimmten Kammerbereich eine Bezeichnung erworben und wollte sie in einem anderen Kammerbereich führen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung im Kern ausgeführt, dass dann, wenn Ärzte eine rechtsförmliche Qualifikation erworben haben, die Führung dieser Bezeichnung nur dann untersagt werden kann, wenn Gemeinwohlbelange von erheblichem Gewicht ein Verbot rechtfertigen, auf die Qualifikation hinzuweisen.

Ich denke, diese Rechtsprechung müsste auch hier bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Das Urteil spricht dafür, dass wohl auch zukünftig KV-Qualifikationen zu berücksichtigen sind.

Sie finden zu diesem Komplex mehrere Anträge vor, die sich inhaltlich unterscheiden. Im Antrag 9 wird das Einvernehmen zwischen KV und Kammer verlangt. In einem weiteren Antrag, von dem ich nicht weiß, ob er bereits umgedruckt vorliegt, wird die Zustimmung der Ärztekammer verlangt. Im Antrag 7 steht die Alternative, dass die Ärztekammer auf Vorschlag der Kassenärztlichen Vereinigung zusätzliche ankündbare ärztliche Tätigkeiten genehmigt.

Wenn diese Anträge beschlossen werden, die alternativ zueinander stehen, hat sich der gegenläufige Antrag 6 damit faktisch erledigt.

In Nr. 2 Abs. 3 soll eine Ergänzung erfolgen. Sie müssen politisch entscheiden, ob Sie dieses wünschen.

Über die weiteren Anträge haben Sie bereits diskutiert. Aus meiner Sicht gibt es dazu rechtlich nichts anzumerken.

Ich bedanke mich.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Danke schön, Frau Wollersheim. - Frau Haus hat einen Antrag zur Geschäftsordnung gestellt. Sie möchte dazu sprechen. Bitte schön.


© 2000Bundesärztekammer; entwickelt von EL-ZORRO TEAM98 als MediDesk