TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik
1. Tag: Dienstag, 22. Mai 2001 Nur Nachmittagssitzung

Henke, Vorstand der Bundesärztekammer:

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um bei zwei Punkten etwas ergänzend beizufügen. Es geht zum einen um die Frage, die der Kollege Dietrich aufgeworfen hat: Wie ist das Gutachten des Sachverständigenrats zu bewerten? Wie sind die internationalen Zensuren für das deutsche Gesundheitswesen zu bewerten?

Ich glaube, dass dort mit ganz falschen Karten gespielt wird. 1990 wurden 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Erfüllung von Gesundheitsaufgaben verwendet. 1997 waren es 10,7 Prozent. Dies lag daran, dass in den Jahren 1990 bis 1997 das bis dato vorhandene Leistungsniveau in den alten Bundesländern auch in den neuen Bundesländern aufgebaut wurde. Aber dort ist es nicht in demselben Tempo zu einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts gekommen. Deshalb machen die Ausgaben für das Gesundheitswesen 1997, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, mehr aus als Anfang der 90er-Jahre.

Das bezieht sich im Übrigen im Wesentlichen auf Ausgaben außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung, denn deren Anteil lag 1980 bei 6,1 Prozent und 1999 bei 6,5 Prozent. Das sind Zahlen, die Sie in der Stellungnahme des Vorstands der Bundesärztekammer finden.

Deshalb sind die Beurteilungen, die der Sachverständigenrat kommuniziert hat, nach meinem Verständnis wirklich in die Irre führend, abgesehen davon, dass der Sachverständigenrat in der öffentlichen Kommunikation außer Acht lässt, was im Gutachten selbst steht, nämlich dass Ergebnisse auf dem Gebiet des Gesundheitswesens natürlich nicht nur ein Resultat der gesundheitlichen Versorgung sind, sondern auch vom Verhalten, von Verhältnissen, von Präventionsbemühungen abhängen.

Meine zweite Bemerkung bezieht sich auf die Bewertung der Handlungsbereitschaft der Bundesministerin für Gesundheit und der Regierung. Wir werden zu einer "Gesellschaft des langen Lebens", wie es Jörg Hoppe erwähnt hat. Die Leistungsfähigkeit der Medizin nimmt zu, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung erodieren.

Sind das neue Erkenntnisse? - Nein, das sind keine neuen Erkenntnisse, sondern diese Erkenntnisse haben wir schon etliche Male auf Deutschen Ärztetagen formuliert. Nur: Die Aufmerksamkeit der Politik widmet sich diesen kontinuierlichen Prozessen äußerst diskontinuierlich. Dann ist es plötzlich möglich, einen Ministerwechsel so zu inszenieren, als hätte ein Regierungswechsel stattgefunden.

Ich meine, wir können uns nicht damit zufrieden geben, dass wir sagen: Die Arzneimittelbudgets und der Kollektivregress fallen. Ich meine, wir müssen in derselben Deutlichkeit wie bisher darauf beharren, dass das Honorarbudget und die stationären Budgets beseitigt werden müssen, denn beide führen zur Rationierung.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Herr Henke. - Als nächster Redner bitte Herr Kolkmann, ebenfalls vom Vorstand der Bundesärztekammer.

© 2001, Bundesärztekammer.