TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik
1. Tag: Dienstag, 22. Mai 2001 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Hirschmann, Bayern:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich muss in dasselbe Horn stoßen. Ich bin jetzt seit fast 30 Jahren Delegierter auf dem Deutschen Ärztetag. Ich habe während dieser Zeit Ministerinnen und Minister kommen und gehen sehen. Teilweise wurden sie von den Delegierten mit Standing Ovations gefeiert, teilweise wurden sie ausgepfiffen. Weder durch das eine noch durch das andere hat sich die Politik der jeweiligen Regierung verändert. Letztlich sind jene Entwicklungen, die wir heute kritisieren, das Ergebnis einer fast 20-jährigen Fehlentwicklung in der Gesundheitspolitik. 18 Jahre davon hat nicht die jetzige Bundesregierung zu verantworten.

Herr Präsident, ich bin sehr dankbar für den Klimawechsel, den Sie in den letzten beiden Jahren allein durch eine veränderte Diktion herbeigeführt haben. Die Ministerin kann hier natürlich keine grundsätzlichen Aussagen treffen. Wie können wir sie dafür schelten, wenn wir uns bei bestimmten Fragen - Weiterbildung, Verhältnis zwischen Allgemeinmedizin und Innerer Medizin - seit zehn Jahren bekriegen, obwohl wir auf dem Wege der Selbstverwaltung längst eine Lösung hätten herbeiführen können? Man kann erst dann vor die Öffentlichkeit treten, wenn man Konzepte vorzuweisen hat. Die Einrichtung eines Runden Tisches ist der Beginn von Kompromissen.

Ich möchte noch etwas zu den Angriffen seitens des Sachverständigenrats sagen. Auf den Deutschen Ärztetagen 1989 und 1990 wurden die Forderungen nach einer Fortbildung mit einer gewissen Nachweispflicht von den Delegierten abgebügelt. Daraufhin hat der Vorstand der Bundesärztekammer, dem Sie, Herr Hoppe, damals schon angehörten, erklärt: Wir sind frustriert, das wird nicht wieder auf den Tisch gebracht. Es handelte sich damals um ein Konzept, das durchaus diskutabel war. Es hat keinen Sinn, alle Argumente aus der Politik, die gegen uns gerichtet sind, vom Tisch wischen zu wollen. Man muss dies vielmehr aufgreifen.

Lieber Herr Adam, natürlich haben wir ein hervorragendes Fortbildungsangebot. Es geht darum, dass die meiner Meinung nach nicht wenigen, die diese Fortbildungsangebote nicht wahrnehmen, einer gewissen Nachweispflicht unterliegen. Das hat der Vorstand vor mehr als zehn Jahren versucht.

Es bringt nichts, die Ministerin, wie manche es heute getan haben, mit gewissen Verdächtigungen in den Orkus zu schicken. Auch in der Politik müssen - wie im sonstigen Leben - vertrauensbildende Maßnahmen erfolgen, damit Erfolge erzielt werden können. Nur derjenige, der über die Macht verfügt, kann seine Interessen allein durchsetzen; alle anderen benötigen die Kompromissfähigkeit ihres Gegenübers.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Hirschmann. Ich glaube, Sie sind mit uns der Meinung, dass die in der Öffentlichkeit vertretene Auffassung, das deutsche Gesundheitswesen sei zu teuer und zu wenig effektiv, weil sich die Ärzte nicht fortbilden, nicht bestehen bleiben darf.

(Beifall)

Der nächste Redner ist Herr Ottmann.

© 2001, Bundesärztekammer.