TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik
2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Wir setzen unsere Debatte fort. Wir möchten zunächst eine Aufstellung austeilen, aus der Sie die vorliegenden Anträge zum nächsten Tagesordnungspunkt ersehen können. Außerdem möchten wir Ihnen die Langfassung der Stellungnahme der Bundesärztekammer zum Gutachten des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen zur Kenntnis geben. Es ist ein Brief an Herrn Professor Schwartz, den Vorsitzenden des Sachverständigenrats, unterschrieben von unserem Hauptgeschäftsführer, Herrn Professor Fuchs. Er hat eine zwölfseitige Anlage.

Nun möchte ich Ihnen bekannt geben, dass wir einen besonderen Anlass zur Freude haben: Der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Herr Dr. Alfred Möhrle, hat heute Geburtstag. Wir gratulieren ihm dazu sehr herzlich!

(Beifall)

Wir setzen unsere Beratungen zu Tagesordnungspunkt I fort. Unter diesem Tagesordnungspunkt haben wir gestern den gesundheits- und sozialpolitischen Teil behandelt. Heute setzen wir die Diskussion über die ethischen Fragen fort: Präimplantationsdiagnostik, Pränataldiagnostik, Sterbehilfe (Euthanasie), embryonale Stammzellenforschung. Dazu gehören die Anträge 2, 3 mit dem dazugehörigen Änderungsantrag 3 a, 4, 7, 12 und 13 sowie der Antrag 14 von Herrn Professor Lob aus Bayern, der noch umgedruckt und anschließend verteilt wird.

Der erste Diskussionsredner ist, wie wir es gestern abgemacht haben, Herr Dr. Montgomery vom Vorstand. Bitte schön.

Dr. Montgomery, Vorstand der Bundesärztekammer:

Die Präsentationen liegen auf dieser CD-ROM als Microsoft PowerPoint Präsentaionen vor. Wenn Sie den Microsoft Internet Explorer Version 5.xx benutzen und Microsoft PowerPoint installiert ist, können sie die Präsentaion durch einen Klick auf das Miniaturbild direkt starten.


Falls auf Ihrem Computer kein PowerPoint vorhanden ist, so finden Sie hier den Microsoft PowerPoint Viewers.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen ganz kurz etwas über die vermeintlich altruistische Einschätzung im Zusammenhang mit der PID sagen. Der Kollege Lang hat gestern sehr eindringlich dazu geraten, Frauen die PID als Chance zu ermöglichen. Ich möchte Ihnen die Ergebnisse der ESHRE-Studie, an der 26 Zentren während der Jahre 1993 bis 2000 beteiligt waren, vorstellen. Bei 886 Paaren wurden über 9 000 Eizellen inseminiert. 5 224 Embryonen wurden Zellen entnommen. 1 340 Embryonen wurden transferiert. Es waren nur 123 Geburten zu verzeichnen; das sind 1,4 Prozent, bezogen auf die inseminierten Eizellen. Es gab neun Fetozide und sieben Schwangerschaftsabbrüche.

Meine Damen und Herren, die PID ist mitnichten eine saubere, reine, schöne Methode, die eine wirkliche Alternative zu anderen Verfahren darstellt, sondern die PID bedeutet bei Paaren, die zu einer ganz normalen Fertilität fähig sind, die härteste Form der Reproduktionsmedizin pur. Das muss man wissen, wenn man über die PID nachdenkt und darüber abstimmt. Verstehen Sie bitte, dass ich deswegen ein Gegner dieses Verfahrens bin, von dem ich nicht glaube, dass wir es in Schranken halten können. Wir können es nicht begrenzen.

Es wundert mich, dass sich Herr Sewing hier hinstellt und sagt, die Reproduktionsmedizin könne dieses Verfahren auf wenige Paare begrenzen. Herr Sewing und ich haben an einer Veranstaltung in Hamburg teilgenommen, bei der die Reproduktionsmediziner und Humangenetiker erklärt haben, dass dieses Verfahren in Zukunft eine unabdingbare Qualitätskontrolle vor jeder In-vitro-Fertilisation sein wird. Deswegen bitte ich Sie, dem wirklich ausgewogenen Antrag I-2 des Vorstands der Bundesärztekammer zuzustimmen.

Ein zweites Argument befasst sich mit den embryonalen Stammzellen. Gerhard Schröder hat sich im "Spiegel" in einem Interview zur Frage der Menschenwürde geäußert. Sie können es alle nachlesen. Hier wird die Gefahr der Debatte völlig deutlich. Gerhard Schröder hat gesagt:

Bei der Gentechnik, ihrer künftigen Nutzung und Anwendung, gibt es eine definitive Grenze: die Würde des Menschen ist unantastbar. Darum ist es doch überhaupt keine Frage, dass der Schutz von Embryonen moralisch geboten ist. Doch eine breite Debatte umfasst mehr. ... Und schließlich gehört zu unserer moralischen Verantwortung, dass wir uns um Arbeit und Wohlstand kümmern.

Meine Damen und Herren, so spielt man Menschenwürde gegen Arbeitsplätze aus. Das darf in diesem Staat nicht geschehen!

(Beifall)

Ein letztes Argument. Lieber Herr Sewing, wir fordern als Ärzteschaft die Debatte über diese Themen ein. Wir wollen darüber debattieren. Auch die DFG will die Debatte. Aber wenn man die Debatte durch Nichtbefassung gleich am Anfang abwürgt, wird man unglaubwürdig, denn wir können uns dazu in diesem Kreis frühestens wieder in einem Jahr äußern. Dann ist diese Debatte gesellschaftlich gelaufen.

Deshalb bitte ich Sie, den Antrag des Vorstands der Bundesärztekammer anzunehmen, von mir aus auch zu modifizieren, sich aber auf gar keinen Fall durch Nichtbefassung aus dieser Debatte abzumelden.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank. - Als nächster Redner bitte Herr Drexler, Hessen.

© 2001, Bundesärztekammer.