TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik
2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Kahlke, Hamburg:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben mit der seit gestern Nachmittag laufenden Diskussion einen wichtigen Schritt getan, um uns kundig zu machen und die Fachdiskussion fortzusetzen, wie es verschiedentlich verlangt wurde. Gleichwohl meine ich, dass es keine apodiktischen Entscheidungen sind, wenn sich die Ärzteschaft zum jetzigen Zeitpunkt mit einer klaren Meinung äußert. Wir können ja nicht alles delegieren, weder an einen Wissenschaftlichen Beirat noch an einen Ethikrat oder ein sonstiges Gremium. Wir müssen mit einer klaren Meinung zum Ausdruck bringen, dass wir eine Position einnehmen, die ganz deutlich zur Erhaltung und zur Verteidigung unseres ärztlichen Berufsethos in der Lage ist.

Ich finde die Statistik, die Herr Montgomery angeführt hat, durchaus verwendungsfähig. Herr Adam hat sie kritisiert. Wir können immer in alle Richtungen das eine oder andere begründen. Aber hier handelt es sich um belegbare Fakten. Natürlich kann man sagen: Wir brauchen erst Erfahrungen, bis eine Methode anwendungsfähig ist. Bei der PID ist das etwas anders. Die Präimplantationsdiagnostik bricht tatsächlich mit einem Tabu. Ich meine, diesen Tabubruch können wir als Ärzteschaft so nicht hinnehmen.

Der Antrag 2 des Vorstands der Bundesärztekammer und mein Antrag 12 widersprechen sich nicht. Antrag 2 fordert - ich denke, das ist sehr zu unterstützen - eine breite Diskussion. Sie hat nun ja bereits begonnen. Der Antrag 12 bringt im Rahmen dieser Auseinandersetzung eine klare Position der Ärzteschaft zum Ausdruck. Ich denke, genau das ist ein Beitrag, um die Forderungen des Antrags 2 zu erfüllen. Ich könnte sehr wohl beiden Anträgen zustimmen und werde dies natürlich auch tun.

Herr Schagen hat auf die betroffenen Paare hingewiesen. Es ist für Ärztinnen und Ärzte sicher die schwierigste Entscheidung, sagen zu müssen: In dieser Situation kann ich Ihnen leider nicht helfen. Es ist traurig genug, dass in der Medizin diese Situation häufiger vorkommt. Es geht nicht darum, dass wir uns mit einer Technik auseinander setzen, sondern darum, dass wir versuchen, den Menschen in der Situation, unter der sie leiden, beizustehen. Die Paare, von denen wir reden, leiden unter dem Fehlen eines gesunden Kindes. Das ist ein anderes Leiden als das Fehlen einer Technik.

Ich möchte an den Vorstand der Bundesärztekammer die Bitte richten, vergleichbar dem Symposion zu den Richtlinien zur Sterbehilfe ein Symposion vorzubereiten, das die hier diskutierte Problematik behandelt und dazu eine breite Öffentlichkeit einlädt. Zu dieser breiten Öffentlichkeit gehören in jedem Fall die Vertreter der verschiedenen Gruppen, die betroffen sind. Ich hoffe, dass dieses gelingt. Ich bitte nochmals, die Anträge 2 und 12 positiv zu bescheiden.

Danke schön.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Kahlke. Der Unterschied zwischen dem Thema Sterbehilfe und dem Thema Präimplantationsdiagnostik besteht, was ein Symposion angeht, darin, dass wir bei dem Thema Sterbebegleitung, Sterbehilfe ein Papier veröffentlichen wollten, das an die Kolleginnen und Kollegen sowie an die Öffentlichkeit gerichtet sein sollte und Grundsätze zu diesem Komplex enthalten sollte. Wir hatten vor, auch beim Thema Präimplantationsdiagnostik diesen Weg zu beschreiten, als es noch so schien, als sei es nach dem Embryonenschutzgesetz zulässig, die Präimplantationsdiagnostik durchzuführen. Damals wollten wir ebenfalls Richtlinien verabschieden.

Das haben wir dann zurückgestellt und erklärt, dass wir erst die Rechtslage geklärt bekommen wollen. Dieser Zustand ist noch nicht erreicht. Wenn sich die Rechtslage so entwickeln sollte, dass wir für die Erstellung eines solchen Papiers überhaupt keinen Grund mehr sehen, dann brauchen wir auch kein Symposion. Anderenfalls wäre es nur eine Veranstaltung wie viele andere, die beispielsweise vom Gesundheitsministerium und anderen Einrichtungen durchgeführt wurden.

Sind wir uns einig, dass wir ein solches Symposion nur durchführen, wenn wir tatsächlich die Aufgabe haben, konkrete Richtlinien oder Grundsätze zu erarbeiten?

Prof. Dr. Kahlke, Hamburg:

Ich fände es gut, dieses Thema sowieso zu bearbeiten, unabhängig von der Erstellung von Richtlinien. Aber das ist Ihnen anheim gestellt.

Danke schön.

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Danke sehr. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Lang.

© 2001, Bundesärztekammer.