TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik
2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Vormittagssitzung

Prof. Dr. habil. Haupt, Sachsen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten, lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen ganz kurz die Meinung der Ethikkommission unserer Landesärztekammer vorstellen und dazu auffordern, dass wir uns zu einem Punkt eine Meinung bilden und den zweiten Punkt offen lassen. Wir waren der Meinung, dass zur Präimplantationsdiagnostik genügend Sachkenntnis vorhanden ist, sodass man dazu Ja oder Nein sagen kann. Nach einer sehr intensiven Diskussion waren wir klar der Auffassung: Wenn wir die Befruchtung außerhalb des Uterus zulassen, muss man logischerweise auch gestatten, dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit ein gesundes Kind zur Welt bringt. Wir meinen, entscheidend ist: Der eine Schritt wurde getan, also muss logischerweise der zweite Schritt bejaht werden.

Wenn der Ärztetag dieser Aufforderung nicht folgen kann, bin ich mit dem Antrag des Vorstands der Bundesärztekammer einverstanden, sofern der letzte Satz gestrichen wird.

Ich glaube, zur Stammzellendiagnostik verfügen wir noch über zu wenig Sachkenntnis. Deshalb rege ich an, die Diskussion offen zu lassen.

Für beide angesprochenen Punkte gilt: Es wird gefordert, dass der Gesetzgeber dazu eine Stellungnahme abgibt. Aber es ist überhaupt nicht die Frage geklärt: Wer ist denn "Eigentümer" dieser befruchteten Eizellen bei ihren ersten Teilungsstadien? Die beiden an dieser Aktion Beteiligten, nämlich die Frau und der Mann, sollten unbedingt in die Diskussion darüber, was mit dem Embryo geschieht, einbezogen werden, ohne dass sie daraus einen materiellen Nutzen ziehen können. Wenn ich entscheide, eine Niere zu spenden oder Blut zu spenden, dann weiß ich auch nicht, wer der Empfänger ist. Letzten Endes ist die befruchtete Eizelle oder das Frühstadium eines Menschen, wie immer Sie es definieren wollen, "Eigentum" der beiden Personen, die dazu beigetragen haben. Das ist überhaupt noch nicht an den Gesetzgeber herangetragen worden. Wir waren der Meinung, das sollte man unbedingt tun.

Ich bitte herzlich darum, dem Antrag des Vorstands der Bundesärztekammer zuzustimmen, allerdings ohne Punkt 5. Ebenso bitte ich Sie herzlich darum, den Antrag 3 abzulehnen und die Diskussion hinsichtlich der Stammzellen offen zu lassen. Wir wissen darüber zu wenig. Das Bekenntnis zum Nichtwissen ist meiner Ansicht nach keine Schwäche, sondern eine Stärke.

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Haupt. - Als nächster Redner Herr Kahlke.

© 2001, Bundesärztekammer.